"Hier habe ich meine Jugend verbracht"

Burbach. Wenn es sich einrichten lässt, dann ziehen ältere Leute in ihren Häusern gern von oben nach unten, weil sie es im Ebenerdigen bequemer haben

Burbach. Wenn es sich einrichten lässt, dann ziehen ältere Leute in ihren Häusern gern von oben nach unten, weil sie es im Ebenerdigen bequemer haben. Eduard Schwarz aber "möchte aus dem Schrägen nicht raus, das bringt nämlich eine gewisse Gemütlichkeit", schwärmt der 84-jährige Witwer von seinem herrlich verwinkelten Reich im ersten Stock seines im Kern bereits 1869 gemauerten Anwesens. Beinahe, so schmunzelt der Burbacher, sei er in diesem Eckhaus in der Kleinen Weyersbergstraße, Ecke Große Weyersbergstraße, sogar geboren worden, aber der Großvater Wilhelm Schub habe es leider erst drei Monate später gekauft - um in inflationären Zeiten einen bleibenden Wert zu erwerben.Im Herbst 1928 zog Eduard Schwarz mit den Eltern Eva und Eduard sowie Schwester Esther als Säugling ein - und ging nie mehr weg: "Ich bin hier immer noch glücklich, es ist ja das Elternhaus, und hier habe ich meine Jugend verbracht."

Schwarz erinnert sich an eine harmonische, behütete Kindheit in einem Quartier, das seinerzeit der "Handwerker-Ecken" war. "Ich durfte sogar immer Kameraden mit nach Hause bringen." Schreiner, Schlosser und Schmiede arbeiteten in dem Quartier lukrative Aufträge für die Industrie ab.

"Heute ist es halt gemischt", aber die Nachbarschaft sei trotzdem intakt geblieben, erklärt der frühere Vermessungstechniker. Der Grund sei, dass hier fast jeder in einem eigenen Haus lebe und deshalb auch auf den guten Zustand der Immobilien achte.

Die Kleine Weyersbergstraße ist eine versteckte Ruhezelle in einem eher lauten Stadtteil. Hier kommt niemand durch Zufall hin. Die Einbahnstraße ist so still, dass die Kinder auf der Fahrbahn spielen. Oft kommt eine Stunde lang kein Auto durch. Eduard Schwarz fährt übrigens einen 22 Jahre alten BMW 525, 270 000 Kilometer, immer noch top Zustand, auch dank einer Garage direkt am Haus. Eine weitere ist vermietet, in der dritten bringen der Hausherr und sein Sohn Michael, ein Bauingenieur, der im Erdgeschoss wohnt, ihre Gerätschaften unter.

Das harmonische Zwei-Männer-Haus verfügt im Untergeschoss über einen von den Bewohnern so bezeichneten Party-Keller. Hier wird Skat gespielt oder Geburtstag gefeiert. Der Keller liegt zur Großen Weyersbergstraße und war früher ein Ladenlokal. Nachdem das Haus in der Bombennacht 5./6. Oktober 1944 zerstört worden war, baute es der Vater 1952 wieder auf und aus.

Um sich mit Mieteinnahmen etwas besser zu stellen, nahm die Familie nach und nach zwei Blumenhändler und später eine Heißmangel ins Haus. Irgendwann rechnete sich der Aufwand nicht mehr, die Räume wurden wieder privatisiert. In der Nachbarschaft ließ sich vor wenigen Jahren die Arbeiterwohlfahrt nieder.

Für Eduard Schwarz war es selbstverständlich, dort dann auch Mitglied zu werden. Er gehört außerdem dem Verein der Köche an und hat sich ehrenamtlich stark für Senioren engagiert. Auch wenn nicht immer ein Widerhall kommt, Eduard Schwarz grüßt jung und alt, wenn er durch die Straße oder auf den Burbacher Markt spaziert. Nach seinem Verständnis gehört sich so etwas einfach "im Dorf".

Für viele Menschen ist das Elternhaus mit besonderen Erinnerungen verbunden. In einer Serie möchte die SZ Menschen und die Stätten ihrer Kindheit vorstellen. Wer wohnt noch in seinem Elternhaus? Oder wer lebt schon lange nicht mehr da, hat schöne Erinnerungen und alte Fotos von einem besonderen Elternhaus, das womöglich sogar verloren gegangen ist? Gerne berichten wir in Wort und Bild. Wir freuen uns auf Ihre Anrufe und E-Mails: Telefon (06 81) 5 02 22 81, per E-Mail: sz-sb@sz-sb.de.

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