"Der Stamm ist mausetot"

Saarbrücken. Die Blutbuche im Schlossgarten wurde vorgestern gefällt (die SZ berichtete). Der rund 250 Jahre alte Baum war nicht zu retten

 Die Reste der gefällten Blutbuche im Schlossgarten. Foto: Becker&Bredel

Die Reste der gefällten Blutbuche im Schlossgarten. Foto: Becker&Bredel

Saarbrücken. Die Blutbuche im Schlossgarten wurde vorgestern gefällt (die SZ berichtete). Der rund 250 Jahre alte Baum war nicht zu retten. Gestern wurde er zum Abtransport in Stücke geschnitten und offenbarte dabei sein Innenleben: ein eindrucksvoller Beweis für die Biologie der Bäume - aber auch der Pilze, die so unscheinbar sind und letztlich dennoch stärker als ein tonnenschwerer Baum-Koloss.

Im Inneren des Stammes klaffte ein Loch, durch das ein Kind problemlos hindurchkriechen könnte. Der saarländische Baumexperte Wolfgang Jakobs hatte zehn Jahre um die Blutbuche gekämpft: "Vier Pilze haben wir im Stamm nachgewiesen, haben den Baum mit Injektionen behandelt und drei Pilze abtöten können. Für den vierten Pilz, den Brandkrustenpilz, gibt es aber in der Europäischen Union kein zugelassenes Gegenmittel", erzählte der Fachmann, der den Baum gestern regelrecht sezierte. Der Pilz hat nicht nur für einen hohlen Stamm gesorgt sondern das Holz bis auf wenige noch gesunde Zentimeter befallen.

"Der Stamm ist mausetot, kein Schreiner kann das Holz noch verarbeiten, es ist kurz davor, sich zu zersetzen", schilderte Jakobs den Ernst der Lage. Der Baum wäre also nicht "vermutlich" bei einem Sturm umgefallen, sondern in absehbarer Zeit ganz sicher zusammengebrochen. Jakobs deutete auf das Holz: Die Schäden sind massiv und unübersehbar. Damit starb ein Baum, der schon zur Zeit des Fürstenhofes stand, der mehrere Kriege überlebt und den Wandel der Stadt beobachtet hat.

Jetzt landet sein Holz im Labor: "Wir bringen Baumscheiben zum Kernforschungszentrum nach Karlsruhe. Dort untersucht ein Professor für Biomechanik den Baum, der eine Besonderheit aufweist. Der Pilz kam nicht von den Wurzeln in das Holz. Das soll analysiert werden", berichtete Jakobs, dessen Mitarbeiter die Wurzeln in mühsamer Plackerei freilegten. Auch davon sollen Teile untersucht werden. Der Stamm soll entfernt werden, damit man an seiner Stelle einen neuen Baum pflanzen kann. Der Regionalverband - so sagte Jakobs - wolle einen mindestens 20 Jahre alten Baum setzen lassen, der schon eine gewisse Größe hat.

Das Holz der toten Blutbuche wurde gestern zu Walzen von etwa zwei Metern Breite geschnitten. "Das Holz ist faul, aber wir werden es den beiden saarländischen Zoos anbieten. Der hohle Stamm ist der ideale Unterschlupf für Eulen", kündigte Jakobs an, der den Baum nicht einfach entsorgen will.

Eine Baumscheibe fürs Museum? Das gab's schon einmal bei der ersten, vor längerer Zeit gefällten Buche. Aber diese Scheibe sei im Museum an der Wand verschimmelt, verriet Jakobs. Das Holz sei durch und durch von Pilz befallen gewesen.

Jakobs: "Ich bin froh, dass ich festgestellt habe, dass der Pilz unter der Rinde schon Fruchtkörper bildete. Zum Fällen war es höchste Zeit." Kürzlich war in Trier ein Baum einfach umgefallen, hatte eine Frau getötet und eine andere verletzt. Mit der Blutbuche im Schlossgarten kann das jetzt nicht mehr passieren.

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