Können Prepaid-Zähler und Beratung Stromsperren vermeiden?

Saarbrücken/Hamburg. In der Diskussion um soziale Missstände in Deutschland - und nach der Brandkatastrophe mit vier toten Kindern in Burbach - ist ein neuer Begriff aufgetaucht: "Energiearmut". Betroffen sind davon Haushalte, die mehr als zehn Prozent ihres Nettoeinkommens für die energetische Grundversorgung (Strom- und Heizkosten) aufbringen müssen

Saarbrücken/Hamburg. In der Diskussion um soziale Missstände in Deutschland - und nach der Brandkatastrophe mit vier toten Kindern in Burbach - ist ein neuer Begriff aufgetaucht: "Energiearmut". Betroffen sind davon Haushalte, die mehr als zehn Prozent ihres Nettoeinkommens für die energetische Grundversorgung (Strom- und Heizkosten) aufbringen müssen. Über die Vermeidung von Energiearmut beraten ab heute die Verbraucherschutzminister in Hamburg.Auch darum geht es: Wer seine Energiekosten nicht mehr bezahlen kann, dem droht eine Stromsperre. Sozial- und Verbraucherverbände schätzen, dass 2011 zwischen 600 000 und 800 000 Haushalten in Deutschland der Strom abgestellt wurde. Das kann fatale Folgen haben. Ende August starben in Saarbrücken-Burbach vier Kinder bei einem Brand, der mumaßlich von einer Kerze verursacht wurde - das bislang tragischste Ereignis im Zusammenhang mit einer Stromsperre.

Vor der Konferenz der Verbraucherschutzminister pocht die saarländische Ministerin Anke Rehlinger (SPD) erneut darauf, dass es Alternativen zu Stromsperren geben muss. Strom als Teil der Grundversorgung müsse auch bei Zahlungsausfällen für besonders schutzwürdige Gruppen wie Kinder, behinderte und kranke Menschen fließen, fordert Rehlinger.

In Völklingen sperrten die Stadtwerke im Vorjahr 600 Zähler ihrer 25 000 Kunden. "Energie ist mittlerweile zu teuer für kleine Einkommen - und politisch wird nicht gegengesteuert", sagt Thomas Nowack, Abteilungsleiter der Kundenbetreuung. Besonders hart trifft es die Hartz-IV-Bezieher, die den immer teurer werdenden Strom aus ihrem Regelsatz von 374 Euro zahlen müssen. Sozial schwache Familien und Rentner sind die größte Schuldnergruppe der Stadtwerke Völklingen.

Verbraucherschutzministerin Rehlinger fächert ein ganzes Bündel von Maßnahmen auf, die realisiert werden könnten, ohne in eine Sozialdebatte über die Höhe der Regelsätze einzusteigen. Dazu zählen die von der Bundesregierung favorisierten Energiesparberatungen einkommensschwacher Haushalte sowie freiwillige Vereinbarungen von Hartz-IV-Beziehern, ihre Stromrechnungen direkt von der Arge begleichen zu lassen.

Praktiker wie Nowack halten die Beratung einkommensschwacher Haushalte durch geschulte Stromsparhelfer für ein nur bedingt erfolgversprechendes Modell. Gute Erfahrungen machen die Energieversorger dagegen mit Prepaid (Im Voraus bezahlt)-Zählern. In Völklingen werden derzeit rund 1000 Zähler in sozialen Brennpunkten auf Prepaid-Strom umgerüstet, den es künftig gegen Vorkasse an einem Schalter in der City gibt. Allerdings verhindert kein Prepaid-Zähler, dass wieder Kerzen und Gaskocher zum Einsatz kommen - denn wenn kein Geld mehr da ist, kann auch kein Strom im Voraus gekauft werden. epd

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