Schläger warten schon auf die Streife

Burbach · Sie fahren hin, wo Hilfe nottut. Nicht alle kehren wohlbehalten zurück. Wie fast immer nach Samstags- und Sonntagsschichten fehlt montags in den Saarbrücker Polizeidienststellen mindestens ein Kollege – getreten, geschlagen, verletzt.

 Bei immer mehr Einsätzen müssen Polizisten damit rechnen, dass ihnen am Ziel Gewalt entgegenschlägt. Symbolfoto: Führer/dpa

Bei immer mehr Einsätzen müssen Polizisten damit rechnen, dass ihnen am Ziel Gewalt entgegenschlägt. Symbolfoto: Führer/dpa

"Passt auf eure Gesundheit auf." Wolfgang Schäfer, Chef der Polizeiinspektion (PI) Burbach , gab seinen Leuten diese Aufforderung schon mit, als er vor gut einem Jahr - von der PI Köllertal kommend - in der Heinrich-Barth-Straße anfing. Jetzt ist das bislang "arbeitsintensivste Wochenende des Jahres" vorbei. Gewalt gegen Polizisten durchzieht die Einsatzberichte vom Montag wie ein roter Faden.

Malstatt, Sonntag, kurz nach 7 Uhr. Eine Gruppe grölt durch die Lebacher Straße. Eine Streife ermahnt sie, ruhig zu sein. Das macht einen 28-Jährigen nur noch lauter. Er will nicht sagen, wie er heißt, und er hat keinen Ausweis dabei. Auf dem Weg zum Polizeiauto reißt er sich los. Er will die Polizisten mit Kopfstößen verletzen und beleidigt sie. Ab zur Blutprobe, dann zur Ausnüchterung.

Eine Stunde später: die Kinderstation auf den Winterberg. Ein 14-Jähriger, sturzbetrunken und unter Drogen, ist außer sich wie schon zu Hause, wo ihn die Polizei nachts abgeholt hatte. Nur unter Zwang gelingt es Beamten, ihn mitzunehmen. Später, im Krankenhaus, reißt der Jugendliche eine Stange vom Bett und bedroht Pfleger und Ärzte. Vier Polizisten überwältigen ihn, nachdem er mehrfach versucht hat, sich loszureißen und das Klinikpersonal anzugreifen. Nächste Station nach der Blutprobe ist die Kinder- und Jugendpsychiatrie .

Es ist inzwischen früher Abend. Der Tatort liegt diesmal vor der Polizeiwache in der Heinrich-Barth-Straße. Ein Auto knallt im Rückwärtsgang gegen einen Anhänger. Der Fahrer will fliehen. Polizisten sprinten los. Sie stoppen den Wagen nach 50 Metern. Dann schlägt der Fahrer um sich. Jetzt ist eine Beamtin verletzt. Der 37-Jährige Autofahrer aus Dudweiler hat fast zwei Promille drin. Es folgen Blutprobe, Ausnüchterungszelle und Strafverfahren.

21.15 Uhr: In einer Burbacher Gaststätte randaliert ein betrunkener 23-Jähriger. Er fordert vom Wirt Geld, um weiter am Automaten zu spielen, pöbelt die Gäste an und will nicht gehen. Die Streife kommt. Bei der Ausweiskontrolle ballt der Mann die Fäuste und will einem Beamten einen Kopfstoß versetzen. Dasselbe versucht er beim Alkotest. Mit rund zwei Promille geht's ab in die Zelle.

Für Thomas Kolz (59), den stellvertretenden PI-Leiter in Burbach , ist klar: "Die Gewalt gegen Polizisten wird immer größer und hemmungsloser." Überall. In vier Dienstjahrzehnten erlebte Kolz zu Beginn, in den Siebzigern, noch viel Respekt gegenüber der Polizei . "Heute ist er quasi auf Null geschrumpft."

Kolz blickt auf ein dichtes Ursachengeflecht aus Erziehungsversagen, Alkohol und Drogen. Immer früher geraten junge Leute an harte Sachen. Sie wollen sich abnabeln vom Elternhaus, in Cliquen vermeintlich Stärke zeigen, während Respektspersonen von einst, Lehrer, Trainer, Pfarrer, Polizei , ihren Rang eingebüßt haben. "Das finden wir durch alle Schichten. Die ganz harten Fälle auch in den gehobenen Kreisen", sagt Kolz. Das komme, weil ungeahndeten Regelverstößen weitere folgen. "Der Nachahmer-Effekt ist das Schlimme." Jugendliche müssten sofort Konsequenzen spüren. Kolz ist Dienst-Wochenenden wie das jüngste leid. "Das geht so nicht weiter."

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