Ökologische Bewirtschaftung mit neuem Handlungsleitfaden Die Artenvielfalt im Wirtschaftswald

Saarbrücken · Das Saar-Umweltministerium unterstützt ökologische Bewirtschaftung mit neuen Leitlinien und Förderanreizen.

 Revierförster Ernest Ptok erklärt im Stiftswald St. Arnual den Sinn des Nagels im Stamm dieser Buche. 

Revierförster Ernest Ptok erklärt im Stiftswald St. Arnual den Sinn des Nagels im Stamm dieser Buche. 

Foto: BeckerBredel

Biodiversität – ein sperriges Wort. Gemeint ist mit diesen 13 Buchstaben der Reichtum an Arten, an Lebensräumen und Ökosystemen. Die Erhaltung des Lebensraumes Wald mit den darin lebenden Pflanzen und Tieren ist laut Landesregierung Bestandteil der saarländischen Biodiversitäts-Strategie. Zentraler Baustein ist ein neuer Handlungsleitfaden, der Vorgaben macht, wie Waldbewirtschaftung nach dem aktuellen Stand der ökologischen Forschung praktiziert werden kann.

Diesen Leitfaden, der vom Umweltministerium gemeinsam mit den Naturschutzverbänden NABU und BUND sowie den Bewirtschaftern von Staats-,  Kommunal- und Privatwald  konzipiert wurde,  stellte Umweltminister Reinhold Jost (SPD) anlässlich des Internationalen Tages des Waldes am Donnerstag vor. Und zwar mit 14-köpfiger Begleitung im Stiftswald St. Arnual. Alle Beteiligten brachten entweder ihre praktischen Erfahrungen mit ein oder ihr Fachwissen zu ökologischen Fragen. Das oberste Ziel: Erhaltung und Optimierung intakter standort- und naturraum-typischer Ökosysteme zur Förderung gefährdeter und seltener Arten und Lebensräume.

Auf 300 Hektar, so Revierförster Ernest Ptok, erstreckt sich der Stiftswald in St. Arnual. Eiche und Buche sind stark vertreten. 34 verschiedene Baumarten findet man hier. Und betagte Gewächse, wie etwa 160 Jahre alte Eichen. Laut Förster sind in dem Gebiet auch viele Biotopbäume. Sie haben keinen monetären, wohl aber einen ökologischen Wert. Denn sie dienen zahlreichen Tieren als Lebensraum, wie Gangolf Rammo und  Thomas Steinmetz vom Umweltministerium anschaulich erklärten.  „Im Blick haben wir insbesondere unsere Rotbuchenwälder mit ihrer natürlichen Arten- und Lebensraumvielfalt, für die wir eine besondere Verantwortung haben“, so Minister Jost.

Gangolf Rammo präzisierte diese Aussage: „Global betrachtet sind unsere Buchenwälder absolute Hotspots.“ Sie sind also weltweit äußerst rar. Im Übrigen, so wurde beim eineinhalbstündigen Spaziergang durch den Forst deutlich, sind die in früheren Jahrzehnten  „aufgeräumten“ Wälder alles andere als förderlich für die vielen Tierarten, die sich hier tummeln –  vom Käfer bis zur Wildkatze.

Und so sieht das beispielsweise aus: Ein Pilz namens Zunderschwamm schädigt einen Stamm, es bilden sich Löcher, in denen sich etwa der Kleiber, ein kleiner Klettervogel, wohlfühlt. Und somit ist dieser Schwamm  auch ein „wichtiger Motor für die Biodiversität“, wie die Saarforst-Fachleute erklärten. Außerdem „ändert sich nichts am ökologischen System des Waldes durch die Bewirtschaftung“, erklärte  Ministeriums-Mitarbeiter Rammo: „Das Ökosystem mit all seinen Funktionen und Arten bleibt erhalten.“

Thema Waldboden. „Den haben wir furchtbar vernachlässigt“, sagt der Fachmann, „über ihn wissen wir weniger als über den tropischen Regenwald.“ Dem Boden schenke man in jüngerer Zeit  sehr viel mehr Aufmerksamkeit, indem man versuche, im Blick auf die Rückegassen die Schäden so gering wie möglich zu halten. Der Stiftswald sei nicht von ungefähr doppelt zertifiziert. Es gehe auf dem Areal streng nach Vorschrift zu.

Der Waldbesichtigungstross am Donnerstag kam schließlich an einer Buchen-Baumgruppe vorbei. Wunderlicherweise war jeder Stamm mit einem Nagel gespickt. Revierförster Ptok hat die stolzen Gewächse, die einen Durchmesser von mehr als 40 Zentimeter haben,  katalogisiert, per GPS positioniert und alle in einen Antrag „verpackt“. Denn  es geht hier um einiges an EU-Fördergeld, das – unter Einhaltung ganz bestimmter Kriterien –  fließt, wenn auf die Nutzung, also die Veräußerung  solcher wertvoller Bäume verzichtet wird. Sie  sollen schließlich als Biotopbäume anderen Lebewesen besondere Lebensräume bieten.

Die Nägel, so erfährt man nebenbei, richten keinen Schaden an. Sie wachsen nach einigen Jahren ein. Sie dienen lediglich der Kennzeichnung. Aufschriften würden zu schnell verblassen.

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