Im OVG residiert ein Mann aus Dudweiler Ein Jurist mit Leib und Seele

Dudweiler/Saarlouis · Michael Bitz, der Präsident des Oberverwaltungsgerichts in Saarlouis, ist ein Dudweiler „Bub“.

 Michael Bitz und seine Stellvertreterin Ursula Freichel.

Michael Bitz und seine Stellvertreterin Ursula Freichel.

Foto: Michele Hartmann

Ein mächtiger Ficus Benjamini ziert sein freundliches Büro. Die Zimmerpflanze hat sich fröhlich ausgedehnt. Vermutlich gefällt ihr das Klima, das hier herrscht. Es scheint gedeihlich. Wir sind zu Gast im Oberverwaltungsgericht (OVG) in Saarlouis. Denn hier residiert ein Mensch aus dem Regionalverband: Michael Bitz, ein Dudweiler „Bub“. Die Albert-Schweitzer-Schule im Süden des Stadtbezirks hat er als Kind besucht, dann das Theodor-Heuss-Gymnasium in Sulzbach, um hernach Jura an der Saar-Universität zu studieren. Seit rund fünf Jahren ist er der Präsident des OVG. Beim SZ-Gespräch mit dabei ist Ursula Freichel, seine Stellvertreterin. Eine erfahrene Richterin, die einige interessante Details aus der Praxis beisteuert.

Es stellt sich zunächst eine ganz besondere Frage, die sich aus der für die Öffentlichkeit einsehbaren Terminvorschau von Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht ergibt. Dabei geht es um eine regelrechte Flut von Asylverfahren in 2016 und 2017, die hier zusätzlich zu dem „normalen“ Geschäft des Gerichts abzuarbeiten waren. Zum Vergleich: Während es die OVG-Richter im Jahr 2015 mit nur zehn Fällen aus dem Asylrecht zu tun hatten, waren es 2016 schon 467, und ein Jahr später sogar 599. Wie jedoch bewältigt man diese plötzliche Mehrarbeit, wo doch noch sehr viele andere Fälle auf eine Entscheidung warten – und zwar im zumutbaren Zeitrahmen? Besagte Fälle, sagt Bitz, „sind voll im 2. Senat aufgeschlagen“. Das OVG des Saarlandes verfüge seit dem Jahr 2014 nur noch über zwei Allgemeinsenate. Man habe jedoch, um der Lage Herr zu werden, „alle gesetzlichen Möglichkeiten ausgeschöpft, um die Verfahren zu vereinfachen“. Im Übrigen habe der 1. Senat, der sonst nicht mit Asylverfahren betraut ist, mit angepackt und vieles auch zeitnah abgearbeitet. Derzeit seien nur noch ein paar „Restfälle“ übrig.

Dank des „guten Betriebsklimas“ habe man diese Situation entschärfen können. Und das bei vermindertem Personal. Neun Richter waren hier einmal tätig, doch vor fünf Jahren fielen drei Stellen weg. Was bleibt, ist eine höchst problematische Altersstruktur mit den entsprechenden Folgen. Und dennoch läuft offenkundig der Laden, weil jeder mitzieht. „Wir werden keine Gelegenheit haben, unsere Erfahrungen weiterzugeben“, sagen Bitz und Freichel, viele Jahre sah man hier keinen juristischen Nachwuchs.

Michael Bitz (61) ist Jurist mit Leib und Seele, sein Favorit ist das Bau- und Planungsrecht. Was selbstredend nicht heißt, dass er sich von anderen, gelegentlich exotischen Rechtsgebieten fernhält. Und manchmal auch Kurioses erlebt. Wenn es etwa um die Höhe einer Sichtblende geht und Nachbarn deswegen vor Gericht erscheinen. Wobei der Mensch auf der einen Seite des Sichtschutzes einem seiner Hühner den Namen der Nachbarin verpasste, um sie zu ärgern. Und so hörte man ihn auf seinem Grundstück des Öfteren lautstark und wüst über „Gertrud“ schimpfen.

Der OVG-Präsident wohnt seit seiner Kindheit in Dudweiler, ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. In seiner Freizeit spielt er seit vielen Jahren Schlagzeug und tobt sich musikalisch in der Rock’n’ Blues-Band „David & Boogie chillen“ aus. Ansonsten fährt er auch gern Fahrrad – wenn er denn dazu kommt. Der Mann macht einen fröhlich entspannten, einen „gechillten“ Eindruck, wie junge Leute gemeinhin sagen. Als Richter, so Bitz, übe er im übertragenen Sinn „eine Mediatorentätigkeit“ aus. Mit dem Ziel, seine Klientel zu einigen, denn: „Wenn ich nur Urteile schreiben würde, gäbe es in vielen Fällen bloß Verlierer.“

Zum guten Schluss gibt er uns, der täglich nicht nur Paragrafen, sondern Menschen vor sich hat, noch eine alltagstaugliche Weisheit mit auf den Weg: „Die Verallgemeinerung ist der Feind der Wahrheit.“ Das gelte seiner Erfahrung nach auch für die Beurteilung von Asylbewerbern. Auch unter ihnen gebe es sehr unterschiedliche Menschen, „die oft allgemeinen Vorurteilen unterliegen“.

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