Goethe war nicht im Gemeinderat

Unsere Woche · Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört, es müsse sich dabei doch auch was denken lassen." Wie wir aus gut unterrichteter Quelle erfuhren, schrieb Goethe diesen Satz für Mephisto (Faust) - und nicht etwa nach einem Besuch im Riegelsberger Gemeinderat.

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Foto: Robby Lorenz

Warum tut man sich auch 70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Gedenken noch immer so schwer? Warum sagen im Rat die Befürworter der Gedenkstätte für gefallene Soldaten - wie die SPD - nicht zum Beispiel: "Ja, schade, dass da in den vergangenen Wochen ein paar Sachen schief gelaufen sind, mit nationalsozialistischer Ideologie wollen wir ausdrücklich nichts zu tun haben, aber unterm Strich halten wir es für ein gutes Projekt, und es jetzt beiseite zu schieben, wäre nicht fair den einfachen Soldaten gegenüber, von denen viele auch Opfer des Krieges waren." Ein klarer Standpunkt, der sich im demokratischen Sinne sowohl ablehnen als auch befürworten, ja sogar ablehnen und doch gleichzeitig respektieren lässt. Wenn jedoch verschleiernde Worte gebraucht werden, scheinen die politischen Akteure doch nicht so ganz hinter dem Projekt zu stehen, und der Zuschauer fragt sich erstaunt: Wozu eigentlich das Ganze? Jedenfalls bedauere ich Bürgermeister Klaus Häusle , der plötzlich per Ratsbeschluss zum "Oberaufseher" über ein ramponiertes Projekt gemacht wurde, das er so sicher nicht gewollt hat.

Seltsame Worte gab es auch im Heusweiler Gemeinderat. Dort ging es um den Neubau einer doch immerhin 3,2 Millionen Euro teuren Feuerwache. Auf die Überlegung der Grünen, ob man denn nun nicht - die Kosten im Blick - andere Projekte verschieben solle, kam Seitens der CDU der Kommentar, dass "alles" durchgezogen wird und damit "basta". Kleine Anmerkung: Nicht die Ratsmitglieder bezahlen Feuerwachen, Fußballplätze, etc., sondern wir Steuerzahler. Somit darf man ja wohl durchaus Überlegungen zu den Gesamtausgaben einer Kommune erwarten. Lassen wir dem Dichterfürsten also auch den letzten Satz: "Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, einige vernünftige Worte sprechen."

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