Die Kanzlerin, der Versicherungsagent und ich

Eigentlich sollte es doch schmeicheln, wenn man mit der Bundeskanzlerin verglichen wird. Doch wenn es um das Äußere geht, gibt es schönere Komplimente.

Ich habe ein Allerweltsgesicht. Doch, doch, da lasse ich mich nicht trösten. Mit manchen Dingen muss man sich eben abfinden. Wie oft hatten mich schon Freunde in der Stadt an der zen-tralen Post gesehen, gleichzeitig im Schwimmbad, im Kino oder beim Joggen. Alles Doppelgängerinnen. Denn ich saß im Büro. Oder die Frisörin im Ort. Nichts zu machen. Jedesmal verwechselt sie mich. Ich nehme es mittlerweile sportlich.

Den härtesten Nackenschlag erhielt ich aber vor wenigen Tagen. Ich begleitete den Hausherrn wegen seiner Autoversicherung zu seinem Agenten. Schnell gab es Gesprächstoff - jenseits des Vertrages, nämlich unsere Linkshändigkeit. Auch er hatte - obwohl deutlich jünger - ebenfalls in der Schule Schläge auf die "böse" Hand bekommen. Outcasts waren wir beide, sowas verbindet.

Dann betrachtete er meinen Personalausweis, der aus dem Geldbeutel lugte. "Sie sehen aus wie Angela Merkel", sagt der Agent. "Ausgerechnet", denke ich. Die Frau ist sicher klug und authentisch. Und hat sich um Deutschland bestimmt verdient gemacht. Aber die Optik. Mittlerweile hat sie schon die hängenden Mundwinkel wie seinerzeit der alte Genscher. Und zugelegt hat sie auch. Der Agent bemerkte, wie meine Mundwinkel nach unten gingen. Er versuchte die Ehrenrettung. "Aber Sie sind hübscher", lamentierte er. Oh weh, noch schlimmer kann es nicht mehr werden. Dabei - kein Witz - hätte ich um ein Haar auch noch den gleichen Vornamen gehabt. Meine Eltern wollten mir "Anschelaaa" auf Hessisch ersparen und hatten mich auf Angelika getauft.

In meinem nächsten Leben bin ich schwarzhaarig, grünäugig und habe einen Mund wie Angelina Jolie, und mein Vorname ist Kim.

Mehr Kolumnen gibt es auf der Internetseite der Saarbrücker Zeitung. www.saarbr ücker.zeitung.de

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