Völkerverständigung Kaffee und Kuchen mit Roma-Familie

Saarbrücken · Der Gemischte Saarbrücker Damenchor wollte mehr erfahren über ein Volk, das unter Vorurteilen leidet.

Über kaum eine andere Volksgruppe gibt es mehr Vorurteile, als über die Roma. Und das, obwohl, oder gerade weil, die wenigsten von uns jemals engeren Kontakt mit diesen Menschen hatten. „Alle sprechen über Roma, wir sprechen mit ihnen“, dachte sich daher der Gemischte Saarbrücker Damenchor und veranstaltete am Freitag das erste Kontakttreffen zwischen Roma und Nicht-Roma im Kulturzentrum „Breite 63“.

„Wir im Chor zeigen ein reges Interesse an gesellschaftspolitischen Themen“, erzählt Chorleiterin Amei Scheib. Gepaart mit der speziellen Begeisterung für Roma-Musik, entstand dann die Idee zu einer Veranstaltung, die Raum zum offenen Dialog mit der oft diskriminierten Volksgruppe der Roma bietet. Gefördert wurde das Treffen mit Mitteln aus dem bundesweiten Projekt „Demokratie leben!“.

Über das Projekt „Eule.mobil“ des Diakonischen Werkes entstand dann der Kontakt zu Gabriela Bot, selbst eine Roma-Frau mit serbisch-bulgarischem Hintergrund, und über sie der Kontakt zu einer weiteren Roma-Familie.

Die Stimmung beim Treffen ist familiär. Die circa 15 Chorfrauen, die sich eingefunden haben, sitzen bei Kaffee und Kuchen gemeinsam an einem großen Tisch. Während man noch auf die Roma-Gäste wartet, beginnt Gabriela Bot schon einmal mit ihrem Einführungsvortrag.

Sie erzählt, dass ihr Volk ursprünglich aus Indien stammt und vor 500 Jahren – als Sklaven verkauft – nach Griechenland kam. Dort galten sie als unberührbar.

Bot erzählt, dass reiche Familien Roma-Kinder als Steuer an die Kirche abgaben. Als im 17. Jahrhundert diese Roma von der Kirche freigegeben wurden – ohne Wohnraum, ohne Nahrung, ohne Geld – begannen Roma-Frauen aus Not mit der Wahrsagerei. Und wurden schließlich als Hexen verfolgt. Immer wieder kann man ein „Aha!“ oder „Oh!“ vernehmen, für die meisten Chor-Frauen sind diese Teile der Roma-Geschichte Neuland. Gabriela Bot erzählt weiter von der Sprache ihres Volkes, dem Romani, das es lediglich in gesprochener Sprache und in mehr als 1700 Dialekten gibt. Und dann erzählt sie noch vom starken Familienzusammenhalt und vom Feuer im Blut ihres Volkes.

Beim Stichwort Familie kommt dann auch endlich die eingeladene Roma-Familie zur Tür herein. Auch sie legen sich wie alle anderen ein Namensschild an, nehmen am großen Tisch Platz, man sitzt wie eine große Familie zusammen. Und dann beginnt der offene Dialog, den man sich von diesem Nachmittag gewünscht hat – auch wenn Gabriela Bot übersetzen muss.

Die Familie erzählt, dass sie auf Grund der schlechten Gesundheitsbedingungen in Rumänien bereits zwei Kinder verloren hat. Sie sind nach Deutschland gekommen, weil sie ihren Kindern eine bessere Bildung, eine bessere Zukunft ermöglichen möchten. Sie lernen Deutsch, wollen so bald wie möglich arbeiten. Was sie sich wünschen? „Als Mensch gesehen zu werden“, lautet die prompte Antwort.

Was die Menschen hier zusammen gebracht hat, ist vor allem die Musik. Gabriela Bot erklärt, dass die meisten Roma-Lieder von Leid und Schmerz des Volkes handeln. Gemeinsam singen die Roma und Chorfrauen diese traditionellen Lieder, Gabriela Bot bringt den Frauen auch den einen oder anderen Roma-Tanz bei.

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