Mirco Martin boxt gegen einen Weltmeister Ein Schmusebär, der gern zuschlägt

Obersalbach · Mirco Martin ist ein Familienmensch. Er liebt seine Hunde und schläft am liebsten im eigenen Bett. Er kann aber auch anders. Mit seinen Brüdern erlebte er auf der Straße einiges. Und morgen boxt der 25-Jährige gegen einen Weltmeister.

 Daheim ist es am schönsten: Profi-Boxer Mirco „The Comet“ Martin lässt vor dem Ortsschild in seinem Wohnort Obersalbach-Kurhof seine Muskeln spielen. Das 1,57 Meter große Kraftpaket kämpft morgen in Fischbach gegen Junioren-Weltmeister Robert Onggocan von den Philippinen.

Daheim ist es am schönsten: Profi-Boxer Mirco „The Comet“ Martin lässt vor dem Ortsschild in seinem Wohnort Obersalbach-Kurhof seine Muskeln spielen. Das 1,57 Meter große Kraftpaket kämpft morgen in Fischbach gegen Junioren-Weltmeister Robert Onggocan von den Philippinen.

Foto: Andreas Schlichter

Wenn man ihn so auf dem Boden liegen sieht, mag man kaum glauben, dass er auch ganz anders kann. Mirco Martin liegt neben dem Hundekörbchen in der Küche. Der 25-Jährige streichelt liebevoll die schwarze französische Bulldogge. Erst über den Kopf. Dann über den Rücken. Hope, so heißt die kleine Hündin, genießt es. Sie räkelt sich, hebt ihren Kopf, schaut dem Herrchen in die Augen. Dann lässt einen Seufzer raus. Als wenn sie sagen wollte: „Ach, mach das doch den ganzen Tag.“

Peanut, die zweite französische Bulldogge der Martins, steht etwas abseits. Sie ist schüchtern, wenn Fremde im Haus sind, schaut aber aufmerksam, was Herrchen macht. Ob Peanut mit Zweibeinern schlechte Erfahrungen gemacht hat? „Wir wissen es nicht“, sagt Mirco Martin. Er versucht mit sanften Worten und Gesten, Peanut zum Näherkommen zu bewegen. Keine Chance. Der Hund, dessen Farbe der einer Erdnuss (englisch: Peanut) ähnelt, hält Abstand. Das ist etwas, was Mirco Martin kennt. Und zwar, wenn er sein zweites Gesicht zeigt. Der Mann mit dem Irokesen-Schnitt ist zuhause ein Schmusebär. Wenn er in den Boxring steigt, verwandelt sich sein Knuddelbär-Gesicht in eine Kämpfer-Visage und sein Name in „The Comet“. Und „The Comet“ vermöbelt die Gegner nach Strich und Faden. Neun Profikämpfe. Neun Siege.

Dabei hat der 25-Jährige erst mit 18 mit dem Boxen angefangen. „Meine Mutter war alleinerziehend und wir keine Kinder von Traurigkeit. Wir haben uns oft geprügelt“, erzählt Mirco Martin. Wir, das sind er seine Brüder Domenic, 20, Kevin, 29, und Timo, 27. „Die Martins“, das sei auf der Straße ein Begriff gewesen. „So klein wie wir sind, so Fixfeuerhölzjer waren wir“, berichtet Mirco Martin grinsend. Deshalb durfte er nicht ins Boxen. Und so trat er erst mit 18 dem BC Elversberg bei.

Seither ging es steil bergauf für den stets gut gelaunten Mirco Martin. Doch wenn der Obersalbacher über seinen nächsten Gegner redet, schwindet sein ewiges Lächeln. Er hat großen Respekt vor Robert Onggocan. Der Philippine ist Junioren-Weltmeister des IBF-Verbandes. Morgen wird Mirco Martin nicht Hope, sondern dem Weltranglisten-28. in die Augen schauen. Und dann will der 16 Plätze hinter Onggocan rangierende Saarländer nicht auf dem Boden liegen, sondern „El Rapido“ auf die Bretter schicken.

Das Duell bei dem um 19 Uhr in der Fischbachhalle in Fischbach beginnenden Boxabend „wird der schwerste Kampf meiner Karriere“, erzählt der Obersalbacher, während er sein „Schatzi“ erst anschaut, dann behutsam die Hand seiner Freundin nimmt. Denn sein „Schatzi“ wird morgen Blut und Wasser schwitzen. „Ich kann jetzt schon nicht schlafen, wälze mich nachts im Bett hin und her“, sagt Lena Marie Kurz. Die 21 Jahre alte Erzieherin erklärt: „Ich bin sehr nervös. Ich habe Angst, dass er sich verletzt.“ Ihr Liebster versucht, ihr die Angst zu nehmen. Er sagt: „Im Sparring boxe ich gegen schwerere Leute. Das ist viel gefährlicher.“

In der Vorbereitung hat sich Mirco Martin durch 101 Sparring-Runden gequält. Das hat Spuren hinterlassen. Der 1,57 Meter große Boxer im bis 52 Kilogramm reichenden Fliegengewicht geht verletzt in das Duell mit dem Weltmeister. Auf dem rechten Unterarm sind Abschürfungen. Sie sehen wie Brandblasen aus. „Die sind vom Sparring.“ Sie entstehen, wenn die Haut oft vom Handschuh des Gegners getroffen wird. „Zudem habe ich eine Eiterblase zwischen den Zehen.“ Mirco Martin schwitzte bei der Schinderei in den Sportschuhen. Weil er voll unter Strom steht, wenn er seinen Körper stählt, spürte er die Abschürfungen nicht direkt.

Die Blase am Fuß könnte ein Problem sein. Onggocan ist Rechtsausleger, Mirco Martin Linksausleger. Deshalb werden sie sich öfter auf den Füßen stehen. Es könnte wehtun, wenn der Philippine die vereiterte Stelle trifft. „Wenn ich unter Strom bin, merke ich das nicht“, beschwichtigt Mirco Martin, der in der Vorbereitung auf einen Kampf von morgens bis abends unter Strom steht. Denn er ist Teilzeit-Boxer, arbeitet Vollzeit als Stuckateur.

 Mirco Martin vermisst sie, wenn er unterwegs ist, um zum Beispiel seinen Gürtel als Internationaler deutscher Meister zu verteidigen: Freundin Lena Marie Kurz, die Peanut auf ihrem Schoß hat, und Hope, die auf seinem Schoß sitzt.

Mirco Martin vermisst sie, wenn er unterwegs ist, um zum Beispiel seinen Gürtel als Internationaler deutscher Meister zu verteidigen: Freundin Lena Marie Kurz, die Peanut auf ihrem Schoß hat, und Hope, die auf seinem Schoß sitzt.

Foto: Andreas Schlichter
 Training unterm Dach: Fliegengewicht-Boxer Mirco Martin hat sich in seinem Haus in Obersalbach den Dachboden zu einer Trainingsstätte umgebaut. Wenn er sich auf einen Kampf vorbereitet, trainiert er aber meist in Karlsruhe.

Training unterm Dach: Fliegengewicht-Boxer Mirco Martin hat sich in seinem Haus in Obersalbach den Dachboden zu einer Trainingsstätte umgebaut. Wenn er sich auf einen Kampf vorbereitet, trainiert er aber meist in Karlsruhe.

Foto: Andreas Schlichter

In der Vorbereitung fährt er täglich zum Training nach Karlsruhe. Sein Alltag: Aufstehen um 5 Uhr, dann ein 30 Minuten langer Lauf. Von 7 bis 16 Uhr ist er auf der Arbeit. Danach geht es kurz heim, dann auf die eineinhalb Stunden lange Tour nach Karlsruhe zu Trainer Dominik Junge. Eineinhalb Stunden trainieren. Ab ins Auto und zurück nach Obersalbach. Vor 22 Uhr ist Mirco Martin nicht zu Hause. Den Pendel-Stress tut er sich an, weil „ich nirgendwo anders schlafen kann. Ich brauche mein Bett. Und ich vermisse meine Hunde und meine Freundin“. Er ist eben ein Schmusebär. Ein „total verschmuster“, wie er zugibt.

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