Willi-Graf-Veranstaltung am BBZ St. Ingbert Die Verantwortung eines jeden Einzelnen

Homburg/St. Ingbert · Mit einer Ausstellung und mehreren Vorträgen wurde am Berufsbildungszentrum St. Ingbert an den NS-Widerstandskämpfer Willi Graf erinnert und über Gefahren durch Rechtsextreme informiert.

Informierten im Berufsbildungszentrum St. Ingbert über Willi Graf und den „Kreisauer Kreis“ (von links): Michael Groß vom Adolf-Bender-Zentrum, Schulleiterin Mechthild Falk und Geschichtslehrer Joachim Frenzel-Paal. Im Hintergrund ein Bild von Willi Graf, nach dem die Bildungseinrichtung benannt wurde.

Informierten im Berufsbildungszentrum St. Ingbert über Willi Graf und den „Kreisauer Kreis“ (von links): Michael Groß vom Adolf-Bender-Zentrum, Schulleiterin Mechthild Falk und Geschichtslehrer Joachim Frenzel-Paal. Im Hintergrund ein Bild von Willi Graf, nach dem die Bildungseinrichtung benannt wurde.

Foto: Tom Peterson

Eine Geschichtsstunde der eher außergewöhnlichen Art dürfte die 13. Gymnasial-Klasse an der Willi-Graf-Schule des Berufsbildungszentrum St. Ingbert (BBZ) am vergangenen Mittwoch erlebt haben. Statt dem gewohnten Klassenzimmer und Auschweifungen des Geschichtslehrers, gab es eine informative und detaillierte Ausstellung über den „Kreisauer Kreis“ und den Widerstand zur Zeit des Nationalsozialismus zu bestaunen. Anlass für die Veranstaltung ist das 76. Todesjahr des christlich geprägten Widerstandskämpfers und Mitglied der „Weißen Rose“, Willi Graf, der selber auch Kontakte zum „Kreisauer Kreis“ besaß.

„Als Berufsschule wollen wir den Menschen so formen, dass er auch gesellschaftlich Verantwortung übernehmen kann“, erklärt Schulleiterin und Oberstudiendirektorin Mechthild Falk die Motivation für die Veranstaltung. Doch auch persönlich fühlt sie sich den Idealen des Namenspatrons ihrer Schule verbunden. „Ich selber war die Generation, die sagte ‚Nie Wieder!’“, erzählt Falk. Freiheit und Gerechtigkeit zählen für sie nach eigener Aussage zu den wichtigsten Errungenschaften unserer Gesellschaft. Willi Graf sieht sie deswegen auch als Vorkämpfer für die Freiheit an. Gerade in der heutigen Zeit, in der rechtspopulistisches Gedankengut in der Gesellschaft wieder verstärkt Zustimmung erfahre, sei das Andenken an den Widerstandskämpfer der „Weißen Rose“ deswegen wichtiger denn je.

Als eine besondere Form des Gedenkens informierte Joachim Frenzel-Paal, der unter anderem Geschichte am BBZ unterrichtet, nicht nur über die Verbindungen von Willi Graf zum  „Kreisauer Kreis“ (siehe Infokasten), sondern las mit mehreren Schülern auch aus Briefen der damaligen Widerstandskämpfer vor.

Um den Schülern die Aktualität des Themas näher zu bringen, lud man zudem Michael Groß, Politikwissenschaftler und Projektkoordinator für Politische Bildung vom Adolf-Bender-Zentrum, als Referenten ein.

 Schüler des Berufsbildungszentrums St. Ingbert begutachten die neu eröffnete Ausstellung über den "Kreisauer Kreis" in der Willi-Graf-Schule.

Schüler des Berufsbildungszentrums St. Ingbert begutachten die neu eröffnete Ausstellung über den "Kreisauer Kreis" in der Willi-Graf-Schule.

Foto: Tom Peterson

In seinem Vortrag gab er den Anwesenden einen anschaulichen Überblick über die Entwicklungen des Rechtsextremismus in Deutschland nach 1945. Dabei nahm er auch Bezug auf die Strategien des „Intelektuellen Rechtsextremismus“, die von Politikern wie Björn Höcke, rechten Verlagen, oder etwa der vom Verfassungsschutz beobachteten sogenannten „Identitären Bewegung“ genutzt werden. Statt der offenkundigen Verherrlichung oder Leugnung, setzten diese auf eine Relativierung der Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes. Mit dem Vorwurf eines angeblichen „Schuldkultes“ würden Leute wie Höcke, der das Berliner Holocaust-Denkmal als „Denkmal der Schande“ bezeichnete, die Diskussion in der Gesellschaft nach Rechts verschieben.

„Was wir machen, ist keine Zuweisung von Schuld, sondern wir erinnern an die Opfer“, erklärt Groß abschließend in seinem Vortrag. Gegen Instrumentalisierungs-Versuche durch Rechtsradikale müsse man jedoch „ganz klar Position beziehen“, gerade wenn es um die Vereinnahmung des Gedenkens an Widerstandskämpfer wie Willi Graf und der „Weißen Rose“ gehe.

Als konkretes Beispiel nannte Groß eine Demonstration in Chemnitz, bei der Vertreter der AfD die weiße Rose getragen hatten, die doch vielmehr als Symbol für den Widerstand in der NS-Zeit angesehen werde. Der Aufzug hatte damals für Schlagzeilen gesorgt, da sich an der Demo auch gewaltbereite Neonazis beteiligten und es später zu Übergriffen auf Polizei und anwesende Journalisten kam.

In ihrer Abschlussrede betonte Schulleiterin Falk, dass Demokratie „kein Selbstläufer“ sei und auch viele der anwesenden Schülerinnen und Schüler verstanden nach dem abschließenden Rundgang durch die Ausstellung den bekannten Leitspruch des Namenspatrons ihrer Schule wohl etwas besser. Denn Willi Graf sagte damals: „Jeder Einzelne trägt die ganze Verantwortung.“

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