Geschichte in unserer Region Christian liebte die Saarpfalz-Landschaft
Jägersburg/Zweibrücken · Im 18. Jahrhundert gab es noch keine Biosphärenregion, aber der Herzog schien hellseherische Fähigkeiten gehabt zu haben. Er ließ Wiesen-, Blumen- und Naturmotive in die Dekoration des Jägersburger Schlosses einfließen.
Es gab einmal eine Zeit, sie ist jetzt 250 Jahre her, da war man in der Saarpfalz ziemlich nahe dran am Zentrum der Welt. Sofern man dieses Zentrum am Hof von Versailles verortet.
Ludwig der XV. regierte dort von 1715 bis 1774 und umgab sich gerne mit Schönheit in jeder Form, von Frauen über Möbel bis zu Porzellan und Malerei. Was in Frankreich aus der Epoche „Louis XV.“ auf dem Antiquitätenmarkt angeboten wird, erzielt im Durchschnitt stets die höchsten Preise. In Deutschland heißt diese Stilrichtung Rokoko, was sich schnörkelig und pompös anhört und damit der zarten, pastelligen Schönheit und auch der Bequemlichkeit der Louis-IV-Möbel nicht gerecht wird.
Aber sei’s drum, Christian IV von Pfalz-Zweibrücken (1722-1775) wusste die Kunst seiner Zeit durchaus zu schätzen, kein Wunder, zumal er bereits als junger Mann zwecks Ausbildung von seiner Mutter nach Frankreich geschickt worden war und natürlich auch Französisch sprach.
Bedauerlicherweise ist sein berühmtestes Bauwerk, das Schloss von Jägersburg, zunächst während der französischen Revolution in Brand gesteckt und im 19. Jahrhundert endgültig abgetragen worden. Gustl Altherr, der ehrenamtliche Betreuer eines kleinen Museums in der Jägersburger Gustavsburg, hält die Erinnerung an den damaligen Prachtbau wach, der „ein einmaliges Zeugnis der Architektur des frühen Klassizismus in Deutschland“ gewesen sei, wie er sagt.
Briefwechsel, aus denen ersichtlich ist, dass Christian IV freundschaftliche Kontakte zum Versailler Hof und auch zu Madame de Pompadour pflegte, enthalten Informationen zu dem um das Jahr 1752 in Planung gegangenen Bau. Der mit dem Bau beauftragte Architekt Pierre Patte lässt in seinen nur noch in Kopie erhaltenen Bauplänen anklingen, dass sich das Jägersburger Schloss an das Schloss Grand Trianon im Park von Versailles anlehne.
Man muss das 18. Jahrhundert so verstehen, dass ein bestimmtes Stilgefühl alle Gegenstände des Alltags durchdrang, vom Griff der Schnellfeuerwaffe über die Kakaotasse bis zum runden Korb-Sofa.
Und hier vertritt der Homburger Münzhändler, Sammler und Heimathistoriker Gerd Steuer eine These, die er im Ausstellungskatalog „Menschenbilder aus der Sammlung Steuer“ erläutert. Es habe, so Steuer, am Hofe von Jägersburg einen „eigenen Stil“ gegeben, natürlich angelehnt an französische Vorbilder, „aber doch mit den ganz eigenen Vorlieben des Herzogs ausgestattet.“
Diese Vorlieben hätten sich an sämtlichen Ausstattungsgegenständen finden lassen, „es sind viele florale Muster erkennbar. Auch Jagdmotive sind häufig vertreten.“ Ebenso habe Christian IV eine Vorliebe für bäuerliche Tier- und Weidelandschaften gehabt, „es ist darin seine Verbundenheit mit der Saarpfalz zu erkennen“, betont Steuer, „es ist eben keine reine Ausstattungsmalerei mit Bauern als Staffage, sondern man spürt, dass dem Herzog wirklich daran gelegen war, die Pflanzen- und Tierwelt aus dem Jägersburger Wald abzubilden.“
Über dieses Thema wird Gerd Steuer am 16. Januar um 19 Uhr im Museum in Zweibrücken sprechen, „es wäre schön, wenn es eine rege Diskussion gäbe, und man sich bewusst würde, wie bedeutend diese Region einst war, nicht nur politisch, sondern auch vom Stil und der Ausstattung her.“
Alleine die pfälzischen Maler - einige Werke sind in der Ausstellung zu sehen - genossen damals sehr hohes Ansehen, beispielsweise die Tiermalereien in der Nachfolge von Johann Heinrich Roos, dessen Bilder einst höhere Preise erzielten als ein Van Dyck, betont Gerd Steuer.
Was die Sammlung von Christian IV auszeichnete, sei die Natürlichkeit, die in allen Ausstattungsgegenständen zum Ausdruck komme, „keine gestelzte, nachgebaute Schäferwelt wie bei den französischen Malern, etwa bei Boucher. Sondern man spürt die Absicht, einen eigenen Stil zu entwickeln, wie ihn später die Romantik aufgriff“, so Steuer. Zwischen 1750 und 1770, also 20 Jahre lang, habe sich der Herzog von Pfalz-Zweibrücken mit der Einrichtung und Ausgestaltung von Schloss Jägersburg befasst, „das war alles sehr durchdacht und wohlüberlegt.“
Wer sich heute ein Bild davon machen wolle, müsse die Münchner Residenz besuchen, denn da stehen noch einige Original-Möbelstücke. Näher ist derzeit aber die Ausstellung mit Gerd Steuers toller Sammlung im Zweibrücker Stadtmuseum.