Kammermusiktage Homburg Mitreißende Klänge zum Auftakt

Homburg · Mit festlichem Glanz und dem Vogler Quartett haben die Kammermusiktage Homburg begonnen. Tags darauf gab es dann im Saalbau vierhändige Klaviermusik mit dem Duo „Two4piano“ zu hören. Noch bis zum 3. Oktober werden viele musikalische Höhepunkte geboten.

 Katerina Moskaleva und Alexey Pudinov als Duo „Two4Piano“ im Saalbau beim Auftritt im Rahmen der Homburger Kammermusiktage.

Katerina Moskaleva und Alexey Pudinov als Duo „Two4Piano“ im Saalbau beim Auftritt im Rahmen der Homburger Kammermusiktage.

Foto: Sebastian Dingler

Mit festlicher Musik von Joseph Haydn (1732-1809), Grigori Frid (1915-2012) und Louis Théodore Gouvy (1819-1898) wurden am Freitag im Kulturzentrum Homburger Saalbau die 24. internationalen Kammermusiktage eröffnet. Sie werden mit Unterstützung vieler Sponsoren von den Homburger Kammermusikfreunden Saar-Pfalz veranstaltet. Ihre Vorsitzende Sibylle Kößler begrüßte unter den Festgästen auch Generalkonsulin Cathérine Robinet als Schirmherrin der illustren Konzertreihe und umriss mit wenigen Strichen, auf was und auf wen sich die Musikbegeisterten in den sieben Konzerten bis zum 3. Oktober freuen dürfen.

2002 übernahm das renommierte Vogler Quartett die künstlerische Leitung des Festivals. Tim Vogler erinnerte als Primarius in seiner Begrüßung an jüngst verstorbene Wegbegleiter und Förderer wie an den langjährigen Vorsitzenden der Musikfreunde Balthasar Weinheimer und an Professor Gernot Feifel. Ihrem Andenken wolle sein Quartett die drei gebotenen Werke des Abends widmen.

Sicher dachten Tim Vogler (erste Violine), Frank Reinecke (zweite Violine), Stefan Fehlandt (Viola) und Stephan Forck (Cello) dabei an eine andere Widmungsmusik in ihrem Vorspielprogramm, an das einsätzige Streichquartett Nummer 5 opus 70, das der russische Komponist Grigori Frid 1977 zum 150. Todesjahr von Ludwig van Beethoven schrieb. Frid verwendete dazu motivisches Material aus Beethovens beiden ersten Rasumowsky-Quartetten opus 59/1+2 sowie aus den späten Quartetten opus 131 und opus 132. Es war packend, mitzuerleben, wie das Quartett in fünf Phasen das zitierte Material klanglich bis zum Cluster verdichtete, es dann in seinen Stimmen linear anordnetet, bewegte Klangflächen in gestische Impulse auflöste, dramatische Aufgipfelungen vornahm und zum Schluss ganz leise ins Beethovensche „Elysium“ entschweben ließ. Einfach toll!

Dagegen war das Eröffnungswerk, das Quartett opus 20/2 aus dem Jahre 1771 von Haydn, vergnüglich-heitere C-Dur Unterhaltung. Es versprühte Rokoko-Laune im Kopfsatz, überraschte mit einem Adagio-Satz voller gedankentiefer Anklänge an den zeitgenössischen Sturm und Drang und mit einem zum Tanzen viel zu sperrigen Menuett. Die Fuge im Finalsatz gestalteten die Voglers als Kommentar zum Kontrapunkt der alten Meister.

Als die russische, aus dem fernen Wladiwostok stammende Pianistin Katerina Moskaleva mit unglaublicher Non-Legato-Technik in das „Allegro giocoso“ von Gouvys Klavierquintett A-Dur op. 24 hineinfegte, mag Generalkonsulin Cathérine Robinet die gemeinsame Bestimmung zwischen sich und dem Komponisten gespürt haben. So wie sie zwischen unterschiedlichen Sprachkulturen zu vermitteln versteht, so hatte Gouvy 1859 die musikalische Sprache der deutschen Romantik mit der Salon-Eleganz aus Paris erfolgreich vereinigt. Die Ecksätze sprühten unter den Händen der Pianistin und in den mit eilenden Streicherstimmen nur so vor technischer Brillanz, ohne besonders tief zu schürfen. Der langsame Mittelsatz „Larghetto mosso“ hingegen war konfliktgeladen. Ein Klaviergesang mit gewichtigen, dazu oktavierten Bässen konkurrierte mit der schwelgerischen Variante der Streicher. Nach Schichtungen beider Prinzipien wurde der Satz zum reizvollen Abschluss gebracht. Das launige Rondo „Allegro con brio“ geriet unter dem begeisterten Applaus des Publikums gar zum finalen Feuerwerk.

Katerina Moskalewas Duo-Partner Alexey Pudinov war am Samstag rechtzeitig von einem Auftritt in London eingetroffen, um mit ihr als „two4piano“ originale vierhändige Klavierstücke von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) und Sergej Rachmaninow (1873-1943) aufzuführen, beziehungsweise eigene Bearbeitungen nach Bedrich Smetana (1824-1884) oder George Gershwin (1889-1937).

In den Variationen G-Dur KV 501 aus Mozarts Figaro-Jahr 1786 störte etwas der harte Anschlag der beiden jungen Künstler. Da, wo Smetana in seiner „Moldau“ am Beginn recht liebevoll und subtil das Gurgeln und Rieseln der beiden Flussquellen beschrieb, schien sich ein Hydrant zu ergießen. Selbst die Wassernymphen schienen bei ihrem schwebenden Schleiertanz Bergschuhe zu tragen.

Dass „two4piano“ sich auch auf differenziertere Dynamik versteht, war im „Thème russe“ und im leichtfüßigen „Valse“ aus den „Six Morceaux pour Piano à quartre Mains“ opus 11 von Rachmaninow zu hören, nicht zuletzt in den mitreißenden Adaptionen nach Gershwin-Songs wie „I got Rhythm“ oder im schmachtenden „The Man I Love“. Das wurde mit tosendem Beifall belohnt, wofür sich das Duo mit dem Tango nuevo „Herbst“ von Astor Piazolla bedankte.

Nach der Pause wurde das Streichquartett A-Dur opus 41/3 von Robert Schumann (1810-1856) zum Lehrstück des Vogler Quartetts, wie man zwischen der graziös fallenden Quinte am Beginn des Kopfsatzes und dem mitreißenden Tanz all‘ungherese im finalen Rondo die Dynamik subtil und differenziert einsetzt und so zum wesentlichen Bestandteil der Interpretation macht. Der große Schlussapplaus zeigte, dass „diese Lektion“ das Publikum begeistert hatte.

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