Rheinland-Pfalz schützt Kinder und Schwangere vor Abschiebehaft

Mainz. Rheinland-Pfalz schützt ausländische Kinder, Schwangere und Kranke künftig grundsätzlich vor Abschiebehaft. Der Runde Tisch zum Abschiebegefängnis in Ingelheim bei Mainz hat seine Arbeit abgeschlossen und Empfehlungen formuliert. "Die ersten werden schon umgesetzt

Mainz. Rheinland-Pfalz schützt ausländische Kinder, Schwangere und Kranke künftig grundsätzlich vor Abschiebehaft. Der Runde Tisch zum Abschiebegefängnis in Ingelheim bei Mainz hat seine Arbeit abgeschlossen und Empfehlungen formuliert. "Die ersten werden schon umgesetzt. Dazu gehört neben der Haftvermeidung auch die Fortbildung von Richtern", sagte Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in Mainz."Die rot-grüne Landesregierung will mit einem Vorstoß auf Bundesebene Abschiebehaft möglichst abschaffen. Allerdings sind die politischen Mehrheiten dafür zurzeit ungünstig", erklärte Alt. Zwischenzeitlich solle die Abschiebehaft im Land so humanitär wie möglich gestaltet werden. "Abschiebehäftlinge sind keine Straftäter. Man sollte sie daher auch nicht als solche behandeln", unterstrich sie.

In dem Ingelheimer Gefängnis, wo rund 70 Menschen arbeiten, sitzen nach Angaben der Ministerin derzeit nur drei Abschiebehäftlinge. "Eröffnet wurde es vor elf Jahren für damals bis zu 152 Personen." Pro Jahr koste die Einrichtung 5,1 Millionen Euro. Davon übernehme das Saarland gut eine Million Euro.

Der Erlass für Haftvermeidung bei Kindern, Schwangeren, Kranken und Alten werde dem Landtag zugeleitet. "Ich hoffe, dass der Erlass noch vor Weihnachten beschlossen wird", sagte Alt.

"Wir haben schon rund 100 Mitarbeiter von Gerichten, Ausländerbehörden und der Polizei qualifiziert, damit sie vor einem Haftbeschluss versuchen, die gesetzlichen Spielräume noch mehr auszuschöpfen. Das können zum Beispiel regelmäßige Meldeauflagen für Ausreisepflichtige sein", so Alt.

"Einen Schritt vorher geht es uns auch darum, mehr Rückkehrhilfe anzubieten. Für Menschen, die in ihrer Heimat etwa eine Autowerkstatt oder einen Gemüseladen aufmachen wollen, gibt es Geldsummen in meist vierstelliger Höhe." Der Topf mit 1,4 Millionen Euro Landesgeld werde bislang nicht voll ausgeschöpft.

"Solange es die Abschiebehaft gibt, sind wir gezwungen, eine Abschiebehafteinrichtung vorzuhalten", erläuterte die Ministerin. Dort können ausreisepflichtige Ausländer auf richterliche Anordnung maximal 18 Monate lang inhaftiert werden.

Bereits im April hatte der Runde Tisch, dem neben Regierungsvertretern aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland die kommunalen Spitzenverbände, Amnesty International, der Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz, der Caritasverband für die Diözese Mainz, die Evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz sowie das Katholische Büro Mainz angehören, ein Papier zur Reform der Abschiebehaft vorgelegt, das beim Saarländischen Flüchtlingsrat (SFR) auf harsche Kritik gestoßen war. Nach Angaben des Flüchtlingsrats, der selbst nicht am Runden Tisch beteiligt ist, hieß es in dem Papier: "Der gesamte Haftkomplex wird farblich ansprechend gestaltet. (…) Farbgestaltung nach innen wirkt in hohem Maße deeskalierend." Dem Papier zufolge sollte sich die Bewachung "so weit wie möglich aus dem normalen Leben der Inhaftierten zurückziehen" und durch Videokameras ersetzt werden. Der Flüchtlingsrat kritisierte an dem Papier, dass sich die Autoren an keiner Stelle für eine Abschaffung der Abschiebehaft stark gemacht hätten. Abschiebehaft, so der Saarländische Flüchtlingsrat, bedeute "Freiheitsentzug für Menschen, die kein Verbrechen begangen haben, sondern Zuflucht suchten und damit eine gravierende Beeinträchtigung der physischen und psychischen Gesundheit der inhaftierten Menschen". Der SFR fordere: "Kein Wegsperren, kein Überwachen, kein Kontrollieren und keine Repressalien." dpaFoto: dpa

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