Impfpflicht in Gesundheitsberufen „Pflegekräfte sind ein knappes Gut“

Neunkirchen · Der Caritasverband Schaumberg-Blies beschäftigt 230 Pflegekräfte in den Kreisen Neunkirchen und St. Wendel. Fast alle sind geimpft. Pflegedirektor Michael Schütz lehnt eine Impfpflicht nicht generell ab, wirbt aber für mehr Diskussion und freie Entscheidung.

 Die ambulante Pflege ist ein Job mit viel Verantwortung. Mit den jüngsten Corona-Gesetzen müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geimpft oder genesen sein.

Die ambulante Pflege ist ein Job mit viel Verantwortung. Mit den jüngsten Corona-Gesetzen müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geimpft oder genesen sein.

Foto: dpa/A3386 Uli Deck

Die Impfdebatte hat in den vergangenen Monaten Stück für Stück an Schärfe zugenommen. Auf der einen Seite Menschen, die eine moralische Verpflichtung sehen, auf der anderen Seite Menschen, die auf ihre körperliche Unversehrtheit pochen. Nach zwei Jahren Pandemie mit vielen Einschränkungen, Sorgen, Verwirrungen sind die Fronten verhärtet. Wer in Einrichtungen des Gesundheitswesens oder der Pflege arbeitet, muss bis spätestens Mitte März seinen Impfschutz gegen das Coronavirus nachweisen, das Gesetz haben Bundestag und Bundesrat im Dezember verabschiedet. Es gilt zunächst bis Jahresende. Wer genesen ist oder per Attest nicht geimpft werden kann, ist ausgenommen.

Der Caritasverband Schaumberg-Blies beschäftigt neben seinen Beratungsdiensten 230 Frauen und Männer in der ambulanten Pflege. Caritasdirektor Michael Schütz ist mit der aktuellen Regelung nicht glücklich. Er spricht von 97 Prozent geimpften Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Verband Schaumberg-Blies, größter Anbieter von ambulanter Pflege in den Landkreisen Neunkirchen und St. Wendel. Letztlich geht es also in seinem Verband um eine einstellige Zahl an Menschen, die sich jetzt für die Corona-Impfung entscheiden müssen, wenn sie nach Mitte März noch in ihrem Job arbeiten wollen. Wobei es nach Schütz’ Worten noch ungeklärt ist, wie mit dann noch ungeimpften Pflegekräften zu verfahren sei. Einen zwingenden Entlassungsgrund sieht der Caritasdirektor nicht, aber er könne sie nicht beschäftigen und somit nicht bezahlen. Wie dies Arbeitsgerichte beurteilen werden, bleibe abzuwarten.

Damit es so weit nicht kommt, werde der Verband nochmal das Gespräch mit den Betroffenen suchen. Schütz hält insgesamt mehr von Dialog und Aufklärung als von Impfzwang. Er sei nicht per se gegen eine Impfpflicht, aber man müsse kein Verschwörungstheoretiker sein, um in eine Diskussion einzusteigen. Eine vielschichtige öffentliche Debatte vermisse er: „Wir setzen darauf, Menschen zu überzeugen, aber freie Willensentscheidungen zu akzeptieren.“ Die Schutzkonzepte hätten in den vergangenen Monaten in der Pflege funktioniert. Die Impfung schütze gut vor schweren Verläufen, aber nicht vor einem Übertragungsrisiko. Die geimpften Caritas-Kräfte testeten sich drei bis fünf mal die Woche, Ungeimpfte täglich. Auch in den anderen Arbeitsbereichen gilt: „Wenn wir uns im größeren Kontext treffen müssen, bitten wir alle, sich zu testen. Das ist eine Empfehlung, der auch alle nachkommen.“ Unnötige Meetings vermeide man.

 Das Bild zeigt Armin Bommer (Auto Schmidt GmbH), Rainer Spaniol (Grafikschmiede Eppelborn), Ute Kistner (stellv. Pflegedienstleitung), Dirk Schmitt (stellv. Caritasdirektor), Michael Schütz (Caritasdirektor) und Jérôme Heitz (Auto Schmidt GmbH). Foto: Caritas

Das Bild zeigt Armin Bommer (Auto Schmidt GmbH), Rainer Spaniol (Grafikschmiede Eppelborn), Ute Kistner (stellv. Pflegedienstleitung), Dirk Schmitt (stellv. Caritasdirektor), Michael Schütz (Caritasdirektor) und Jérôme Heitz (Auto Schmidt GmbH). Foto: Caritas

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Während bei der Caritas Schaumberg-Blies die einrichtungsbezogene Impfpflicht höchstens im Einzelfall zu Härten führen kann, fragt der Direktor nach der Situation in Krankenhäusern oder Heimen. Dort sei die Impfquote längst nicht so hoch. Schütz: „Können wir es uns leisten, Pflegekräfte unter Umständen zu verlieren?“ In 30 Jahren bei der Caritas habe er viele Grippewellen erlebt mit Ausfällen von zehn bis zwölf Prozent des Personals. Im Winter 20/21 sei das Problem durch die Masken viel geringer ausgefallen. Für ihn sei nicht nachvollziehbar, warum von einem getesteten ungeimpften Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin eine höhere Gefahr ausgehen sollte. Schütz: „Wir wollen und müssen einen Versorgungsauftrag erfüllen und wollen keine Kolleginnen oder Kollegen verlieren.“

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