Diskussion um Grubenwasser im Kreis Neunkirchen Grubenwasser beschäftigt die Rathäuser

Kreis Neunkirchen · Zum Thema Grubenflutung haben derzeit auch der Bürger das Wort. Wer Einwände hat, muss sie schriftlich geltend machen.

 Auch mit Blick auf den Wassergarten am Erlebnisort Reden, hier der Mosesgang, beschäftigt sich Schiffweiler mit dem Thema Flutung. Der Wassergarten wird teilweise auch durch Grubenwasser gespeist.

Auch mit Blick auf den Wassergarten am Erlebnisort Reden, hier der Mosesgang, beschäftigt sich Schiffweiler mit dem Thema Flutung. Der Wassergarten wird teilweise auch durch Grubenwasser gespeist.

Foto: BeckerBredel

Das Verfahren zur teilweisen Grubenflutung durch die RAG läuft. In einem ersten Schritt soll das Wasser unter der Erde in den Wasserprovinzen Reden und Duhamel bis auf minus 320 Meter steigen. Noch bis Mittwoch, 15. November, liegen die aktuellen Unterlagen und Pläne dazu in den sieben Kommunen des Kreises aus. Jeder interessierte Bürger kann sie in seinem Rathaus einsehen. Und sich Gedanken darüber machen, ob er womöglich Einwände dagegen hat. Wenn ja, muss er die schriftlich darlegen und bis spätestens zum 15. Januar kommenden Jahres beim Oberbergamt eingereicht haben. Er kann aber auch bei der eigenen Gemeinde seine Bedenken schriftlich anmelden. Nicht jede der sieben Kreis-Kommunen ist vom Bergbau stark betroffen, das Recht zur Einsicht und zu eventuellen Einwänden haben die Bürger aber überall.

Genaugenommen sind es zwei Verfahren, die derzeit laufen. Beim Bergamt Saarbrücken angesiedelt ist das Verfahren um den Abschlussbetriebsplan nach dem Ende des Berg­baus. Das läuft ohne Beteiligung der Öffentlichkeit. Beim Oberberg­amt angesiedelt ist das Verfahren, das den Anstieg des Wassers in den Schächten zum Ziel hat. Doch was bedeutet es, wenn die alten Gruben volllaufen? Sorgen gibt es genug. Welche Stoffe werden in dem Wasser schwimmen vom Schmieröl bis zu Materialien, mit die sich aus verfüllten Stollen lösen könnten? Was bedeutet das für unser Trinkwasser? Wie sieht es aus mit Berghebungen, womöglich neuen Erschütterungen? Auch die Gemeinden im Kreis formulieren dieser Tage ihre Bedenken zu den RAG-Plänen.

Schiffweiler als ehemalige Bergbaugemeinde habe das Thema der Flutungen, auch mit Blick auf den Zukunftsort Reden mit seinem Wassergarten, der teilweise auch durch Grubenwasser gespeist wird, schon früh beschäftigt, sagt Bürgermeister Markus Fuchs. Die RAG habe ihre Planungen bereits Anfang 2015 im Gemeinderat vorgestellt. Fuchs erläutert weiter: „Weder seitens der RAG noch des Gutachters konnten Einwirkungen ausgeschlossen werden, weshalb die Gemeinde das Vorhaben der RAG kritisch betrachtet. Dass das Trinkwasser gefährdet ist oder es wieder zu Beeinträchtigungen an Gebäuden kommt, kann zumindest nicht ausgeschlossen werden.“ Parallel zur aktuellen Offenlegung sei die Gemeinde im Rahmen der Anhörung der Träger öffentlicher Belange aufgefordert, bis Mitte Januar 2018 eine Stellungnahme zu den RAG Planungen abzugeben. Fuchs: „Aufgrund der Wichtigkeit werde ich den Gemeinderat Anfang Dezember mit dem Thema beschäftigen, eine Stellungnahme nur der Verwaltung erscheint mir in diesem Falle nicht ausreichend.“

Auch Illingens Bürgermeister Armin König steht den RAG-Plänen kritisch gegenüber. Das Thema sei von hoher Komplexität: „Die Gemeinde Illingen sieht große, möglicherweise nicht beherrschbare Gefahren durch das ansteigende Grubenwasser für den gesamten Untergrund unserer Region, sowohl für die Trinkwasser-Vorräte als auch für die Geologie, die nach jetziger Einschätzung zu enormen unkalkulierbaren finanziellen und baulichen sowie gesundheitlichen Risiken führen können.“ Es sei keineswegs auszuschließen, dass es zu schwerwiegenden Verwerfungen, Schieflagen und Totalschäden komme durch die Flutungen. Auch im Hinblick auf die Infrastruktur könne angesichts des neuartigen Vorgehens, das im eklatanten Widerspruch zu den Ewigkeitsverpflichtungen der RAG stehe, niemand schwerwiegende Gemeinschäden ausschließen. König: „Das würde bedeuten, dass private Hauseigentümer und öffentliche Hand mit den Risiken belastet würden, die der Bergbau als Ewigkeitslasten über die Stiftung zu tragen hat.“

Der Illinger Bürgermeister will mit interessierten weiteren Gemeinden ein eigenes „Experten­hearing“ auf den Weg bringen, damit nicht auf Grundlage von Partei­gutachten entschieden werde, sondern auf der Grundlage unterschiedlicher Expertenmeinungen.

Der Illinger Gemeinderat hat das Thema auf der Agenda. Und König hat auch eine politische Forderung: Er möchte eine unabhängige Stelle eingerichtet sehen als Ansprechpartner für Bürger und betroffene Kommunen sowie einen Moderator in der Diskussion. Neunkirchen äußert sich knapp: „Die Stadt prüft derzeit, ob und inwiefern sie Stellung zu den Plänen der RAG bezieht. Sie hat dazu noch bis Mitte Januar Zeit, Einwände geltend zu machen. Auch der örtliche Energie- und Wasserversorger untersucht die Auswirkungen unter anderem auf das Grundwasser und das Leitungsnetz und wird gegebenenfalls seine Bedenken äußern.“

Neben den Kreisgemeinden, die mit dem Bergbau traditionell viel zu tun haben, sind Ottweiler, Spiesen-Elversberg und Eppelborn nur am Rande beteiligt.

Das Rathaus Spiesen-Elversberg erläutert auf SZ-Anfrage: „Aus der Geologie der Gemeinde ergibt sich, dass nur in Elversberg sogenannter tagesnaher Abbau stattgefunden hat. Teilweise kommen auch Kohleflöze an die Oberfläche. Wir befürchten jedoch keine Absenkungen mit schiefen oder rissigen Häusern wie früher durch den Untertagebau.“ Spiesen dagegen steht vorwiegend auf Sandstein. Dort wurde keine Kohle abgebaut. Allerdings lägen im Sandstein die Trinkwassergebiete Mühlental und Hungerpfuhl. Die Gemeinde weiter: „Dort muss die Situation bei einem Grubenwasseranstieg weiter beobachtet werden.“

Die Stadt Ottweiler war nie im größeren Umfang von den Bergbauaktivtäten von Saarberg oder RAG betroffen. Der Bau-, Umwelt und Sanierungsausschuss hat sich vor wenigen Tagen erstmals mit den Planfeststellungsunterlagen beschäftigt.

Ähnlich sieht es in Eppelborn aus. Dort heißt es, man wolle mit Illingen und eventuell Merchweiler zusammenarbeiten, um eine Stellungnahme zu arbeiten. Merchweiler mit der Grube Göttelborn kennt sich in Sachen Bergschäden schließlich auch bestens aus.

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