Ein Dachdecker gibt Auskunft „Heute finden wir keine Auszubildenden mehr“

Wadern · Der Unternehmer Josef Frank übt Kritik an den Vorwürfen der IG Bau Saar-Trier und spricht über die Situation in der Baubranche.

 Josef Frank Dieter Ackermann

Josef Frank Dieter Ackermann

Foto: Dieter Ackermann

(acn) „Was reden die denn da?“ Als Josef Frank (Foto: Dieter Ackermann), mit Bernhard Hoffmann Geschäftsführer der Dachdecker-Firma Firma Schunk & Ritz in Wadern, am 6. Juni in der SZ den Artikel mit der Überschrift „Dem Bau-Gewerbe laufen die Azubis weg“ las, platzte ihm der Kragen. Und weil er es dabei nicht belassen wollte, bat er die SZ-Redaktion zu einem Gespräch, um dieses Thema um die Punkte zu bereichern, die aus seiner Sicht Marc Steilen (Bezirksvorsitzender der IG Bau Saar-Trier) in besagtem Artikel nicht korrekt dargestellt hatte.

Gewerkschaftsfunktionär Steilen hatte für die Zukunft ein 13. Monatseinkommen für alle Bauarbeiter gefordert. „Das haben doch heute schon die meisten“, betonte Frank und fuhr fort, „dass die Arbeitgeber nach Ansicht der Gewerkschaft alle Kosten für ihre Auszubildenden übernehmen sollen, ist doch auch so eine Nebelkerze. Schließlich übernehmen wir doch diese Kosten bereits und zahlen obendrein für Kost und Logis unserer Azubis im für uns zuständigen Berufsbildungszentrum in Mayen.“ Nicht viel anders bewertet der Firmen-Geschäftsführer die Gewerkschaftsforderung, wonach die Ausbildungsbetriebe die Fahrten ihrer Lehrlinge zur Berufsschule bezahlen sollen: „Das geschieht doch längst!“, ist er sich sicher.

Mit Blick auf die bevorstehende Schlichtung im Baugewerbe und einen möglicherweise eskalierenden Streik beschwor Steilen (IG Bau) im SZ-Bericht drastische Konsequenzen herauf: „Wir bereiten uns auf alles vor. Auch darauf, das Bauleben lahmzulegen.“ Solange die Gewerkschaft den aktuellen Tarifstreit mit Halbwahrheiten unnötig emotional aufheize, sieht Frank tatsächlich große Probleme auf seine Baubranche zukommen.

Dazu benötige es aus seiner Sicht nicht einmal „die von der Gewerkschaft aufgebauschten Probleme“. Der Geschäftsführer machte in diesem Zusammenhang zum Beispiel auf das Nachwuchs-Problem auf dem Bau aufmerksam. „Wir sind ein florierender Betrieb mit zurzeit 15 Mitarbeitern, der von Anfang an großen Wert auf die Lehrlingsausbildung gelegt hat. Insgesamt haben bereits 32 junge Leute bei uns den Start ins Berufsleben geschafft. Aber heute finden wir überhaupt keine Auszubildenden mehr.“ Ob das vielleicht an einer zu geringen Bezahlung liegt? Frank ließ das nicht gelten: „Unsere Lehrlinge kriegen im ersten Lehrjahr eine monatliche Vergütung von 650 Euro, im zweiten schon 800 Euro und im dritten Ausbildungsjahr bereits 1050 Euro – ist das zu wenig für junge Mitarbeiter, die gerade im ersten Lehrjahr viel Zeit in der Berufsschule verbringen, statt im Ausbildungsbetrieb mit anzupacken?“ Grundsätzlich müsse in der Baubranche wie im gesamten Handwerk gelten, dass das Produkt Arbeit noch bezahlbar bleiben muss. „Wenn wir unsere eigenen Gesamtkosten nicht mehr über unsere Einnahmen verrechnen können, dann muss so ein Unternehmen dichtmachen und seine Mitarbeiter nach Hause schicken.“

Ohne lange nachdenken zu müssen, zählte Frank die wichtigsten Kosten auf: „Das sind die aktuellen Stundenlöhne zwischen 17 und 21 Euro, dazu kommen Ausgaben für Berufsgenossenschaft sowie Fuhrpark und nicht zu vergessen die Kosten für die Lohnausgleichskasse, für Schlechtwettergeld sowie die übrigen Sozialabgaben.“ Das alles müsse unterm Strich noch bezahlbar bleiben – und das vor dem Hintergrund eines scharfen Wettbewerbs in der Baubranche. Außerdem gibt der Unternehmer zu bedenken: „Ich denke da an einen Renteneintritt mit 67 oder noch später. Welcher Handwerker, der viel und oft bei Wind und Wetter draußen arbeitet, kann diesen Beruf bis in dieses Alter ausführen? Damit kommt ein früherer Renteneintritt automatisch einer Rentenkürzung gleich.“

Das Handwerk biete aus seiner Sicht auf Dauer für Arbeitgeber und Arbeitnehmer nur dann noch den viel gepriesenen „goldenen Boden“, wenn Akzeptanz und Wertschätzung in der Bevölkerung wieder wachsen. Frank: „Eigentlich müsste es doch allen einleuchten, dass das Produkt Arbeit letztlich nur dann eine Zukunft hat, wenn es weiterhin bezahlbar bleibt!“

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