Müllmenge sank um die HälfteBürgermeister Bouillon: Zehn Jahre ohne Gebührenerhöhung

St. Wendel/Merzig-Wadern. In der Stadt St. Wendel, die seit Jahren die Müllabfuhr in Eigenregie organisiert, wird der Müll verwogen, die Gebühr nach Gewicht berechnet. Aus Sicht der Verwaltung um Bürgermeister Klaus Bouillon mit immensem Erfolg: "Seitdem die Stadt St. Wendel dem Entsorgungsverband Saar (EVS) am 1

 Im Kreis Merzig-Wadern gibt es derzeit eine intensive Diskussion über alternative Wege zur Müllentsorgung. Foto: ZB

Im Kreis Merzig-Wadern gibt es derzeit eine intensive Diskussion über alternative Wege zur Müllentsorgung. Foto: ZB

St. Wendel/Merzig-Wadern. In der Stadt St. Wendel, die seit Jahren die Müllabfuhr in Eigenregie organisiert, wird der Müll verwogen, die Gebühr nach Gewicht berechnet. Aus Sicht der Verwaltung um Bürgermeister Klaus Bouillon mit immensem Erfolg: "Seitdem die Stadt St. Wendel dem Entsorgungsverband Saar (EVS) am 1. Januar 2000 den Rücken gekehrt und ihr eigenes Müllentsorgungssystem auf Verwiegebasis aufgebaut hat, haben sich die Müllmengen um die Hälfte verringert und die St. Wendeler Bürger bis 2009 sensationelle 4,5 Millionen Euro weniger Gebühren gezahlt. Bis 2011 wird die Ersparnis gegenüber dem EVS sogar 6,6 Millionen Euro betragen", heißt es in einer Erklärung aus dem Rathaus.Der gleichzeitig eingerichtete Wertstoffhof wird nach Auskunft des Bürgermeisters bestens angenommen. "Die Bürger haben das neue System schnell angenommen und durch die finanziellen Anreize verstärkt, den Restabfall von darin noch enthaltenen Wertstoffen sowie Bauschutt entfrachtet."

Durch den Rückgang der Restmüllmengen seien Kosten für die Anlieferung an die EVS-Anlagen gespart, die zu den niedrigeren Kosten in der Abfallentsorgung geführt haben. Das Fazit von Bürgermeister Klaus Bouillon: "Es hat sich gelohnt, dass wir unseren Weg unbeirrt gegangen sind. Wir haben bewiesen, dass ein verursacherbezogenes Abfallgebührensystem bürgerfreundlich, umweltschonend und flexibel ist."

Weniger Restmüll

Wertstoffhof ist der Renner

Auch bei der Sperrmüllabfuhr wurde auf die Verwiegung und eine verursachergerechte Abrechnung umgestellt. Die Konsequenz: ein Rückgang um rund 89 Prozent (863 Tonnen). Die Bevölkerung nutze das Angebot, bis zu zwei Kubikmeter Sperrmüll auf dem Wertstoff- und Entsorgungshof kostenlos abzugeben.

Erfolgsmodell Blaue Tonne

St. Wendel/Merzig-Wadern. Seit St. Wendel aus dem EVS ausgestiegen ist, wurden dort nach Angaben der Verwaltung die Müllgebühren nur einmal erhöht: 2001 wurden bei der Restmülltonne die Pflichtentleerungen abgeschafft und daher die Grundgebühr erhöht. Bürgermeister Klaus Bouillon: "Da auf Grund einer auf mehrere Jahre ausgerichteten Gebührenpolitik auch Schwankungen beim überörtlichen Beitrag ausgeglichen werden können, können stabile Gebühren zumindest bis 2011 garantiert werden. Für einen Zeitraum von zehn Jahren wurden dann keine Gebührenerhöhungen vorgenommen." Der EVS hingegen habe in den Jahren 2001, 2004, 2008 und 2009 die Gebühren erhöht.

Gebühren bis 2011 stabil

Jede weitere Leerung kostet dann 2,75 Euro. Bouillon rechnet vor: "Die geringstmögliche Abfallgebühr beträgt somit 144,27 Euro und die größtmögliche Abfallgebühr beträgt 182,77 Euro." Die St. Wendeler Bürger müssten jedoch für die 120-Liter-Restmülltonne im Durchschnitt nur 84,48 Euro Gebühren zahlen (Grundgebühr 36 Euro plus Leerungsgebühr für 202 Kilo, umgerechnet 48,48 Euro). Bouillon: "Selbst die geringste Abfallgebühr beim EVS wird dann 71 Prozent teuerer sein, als bei der Stadt St. Wendel im Durchschnitt gezahlt wird." Gerade Haushalte mit geringen Abfallmengen würden beim EVS-Konzept "deutlich draufzahlen". Durch die zwölf Pflichtentleerungen unterscheide sich dieses System nicht wirklich von dem heutigen, bei dem es eine 120-Liter-Restmülltonne mit vierwöchigem Abfuhrrhythmus (13 Leerungen) gibt. cbe

Hintergrund

Im Zuge der Diskussion über die Einführung der Müll-Verwiegung in St. Wendel wurden Befürchtungen geäußert, Familien mit Kindern würden durch die neue Veranlagungs-Grundlage benachteiligt. Eine Analyse der Leerungsdaten hat nach Darstellung der Stadt jedoch ergeben, dass das Abfallgewicht pro Haushalt sich nicht aus der Haushaltsgröße, sondern rein aus dem Abfallverhalten ergibt. So gebe es Haushalte mit fünf Personen, die im gesamten Jahr 79 Kilo Restabfall hatten, genauso gebe es Ein-Personen-Haushalte, die 735 Kilo Restabfall entsorgen ließen. Nachdem vom Stadtrat die Richtlinien zur Förderung der Windelentsorgung beschlossen wurden, sind im vergangenen Jahr 330 Zuschussanträge für Babywindeln und 194 Anträge für Inkontinenz gestellt worden. Die Förderung beträgt bei Babywindeln 25 Euro je Kind und Jahr oder bei wiederverwendbaren Windelsystemen 35 Euro je Kind und Jahr und bei Windeln in Folge von Inkontinenz 50 Euro je Person und Jahr. Die Stadt musste dafür im Jahr 2008 etwa 20 000 Euro aufwenden. red

Auch nach der geplanten Einführung des Ident-Systemes beim EVS im Jahr 2011 werden nach Bouillons Überzeugung diese Gebührenvorteile bestehen bleiben. Nach dem Modell des EVS ist vorgesehen, eine Grundgebühr von 144,27 Euro pro Jahr zu erheben, die zwölf Pflichtentleerungen beinhaltet.

Im September 2008 führte St. Wendel außerdem auch eine Blaue Tonne ein. Über 6600 dieser 240-Liter-Gefäße und 110 Container für Altpapier wurden ausgeliefert. Mittlerweile sind über 75 Prozent der Haushalte an die Blaue Tonne angeschlossen. Wie die Zahlen für 2008 bestätigen, wanderten 37,8 Prozent (658 Tonnen) mehr Altpapier und Kartonagen in die Sammelcontainer als 1999 vor Austritt aus dem EVS.

Seit Eröffnung des städtischen Wertstoff- und Entsorgungshofes zu Beginn des Jahres 2006 sind die Nutzerzahlen dort nach Angaben der Stadt kontinuierlich gestiegen: von 21 471 im Jahr 2006 auf 29 940 in 2007 und 32 696 in 2008. Dies bedeute eine Steigerung der Besucherzahlen seit Einführung um etwa 52 Prozent, gleichzeitig wurden mit 1753 Tonnen 37 Prozent mehr Wertstoffe abgegeben. Die Sorge, illegale Müllablagerungen würden dadurch vermehrt auftreten, hat sich nach Aussage der Stadt "keineswegs bestätigt".

Nach Auswertung der Statistik sind im Jahr 2008 die Müllmengen in St. Wendel um weitere 100 Tonnen zurück gegangen. Die Restabfallmengen sind somit gegenüber 1999 vor Austritt aus dem EVS um rund die Hälfte geschrumpft. Der stärkste Rückgang um 35 Prozent trat mit der Einführung der Verwiegung im Jahr 2005 ein. Die Jahresabfallmenge liegt nun bei 3006 Tonnen. Dies bedeutet einen Rückgang um 2850 Tonnen gegenüber 1999 vor Austritt aus dem EVS. Die Restabfallmenge pro Kopf beträgt nun rund 111 Kilo pro Einwohner und Jahr und liegt somit auf dem Niveau der Stadt Lebach, welche die Verwiegetechnik bereits seit 2000 einsetzt.

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