Saar-Universität Saarbrücker Physiker lösen Rätsel der Haftkraft der Bakterien

Saarbrücken · Auf wasserabweisendem Material kleben die Erreger besonders gut. Neue Beschichtungen sollen Krankenhauskeime künftig besser in Schach halten.

 Bakterien der Art Pseudomonas aeruginosa sind äußerst widerstandsfähig und können sich zu Biofilmen zusammenschließen.

Bakterien der Art Pseudomonas aeruginosa sind äußerst widerstandsfähig und können sich zu Biofilmen zusammenschließen.

Foto: HZI/Rohde

(np) Ein Krankenhausaufenthalt kann krank machen. In Deutschland infizieren sich nach Angaben des Berliner Robert-Koch-Instituts rund eine halbe Million Menschen im Jahr mit einem sogenannten Krankenhauskeim, die Zahl der Todesfälle liege zwischen 10 000 und 20 000. Besonders gefährlich sind Krankenhauskeime, wenn sie von multiresistenten Bakterien ausgelöst werden, die gegen mehrere Antibiotika immun sind. Bakterien können sich zu einer klebrigen Schicht auf einer Oberfläche verbinden – die Biologen nennen dies einen Biofilm. Den bekanntesten Biofilm fürchten wir seit unserer Kindheit. Er führt zu Karies. Auf der Oberfläche eines medizinischen Implantats kann ein Biofilm tödlich sein.

Bakterielle Biofilme können sich auf allen Oberflächen bilden, zum Beispiel auf Türgriffen und Lichtschaltern. Physiker der Saar-Universität haben jetzt untersucht, warum die Bakterien besonders gut an Materialien haften, von denen Wasser abperlt und besonders schlecht an Oberflächen, die von Wasser benetzt werden. Im Mittelpunkt standen dabei Bakterien der Art Staphylococcus aureus. Sie sind eine der häufigsten Ursachen für Infektionen, die Patienten während eines Krankenhausaufenthaltes bekommen. „Die einzelnen Bakterien sind in diesen Biofilmen selbst gut geschützt vor Antibiotika und der menschlichen Immunabwehr. Daher ist es so gefährlich, wenn sie sich zum Beispiel auf Implantaten ansiedeln und nach einer Operation dort Infektionen verursachen“, erläutert die Experimentalphysikerin Professor Karin Jacobs. Wichtig sei es daher, die Bildung von Biofilmen von vornherein zu verhindern.

Dazu müssen die Saarbrücker Forscher aber zuerst die Mechanismen verstehen, mit denen Bakterien an verschiedenen Materialien haften. In einem Computermodell haben Physiker um Ludger Santen herausgefunden, warum sich die Bakterien so unterschiedlich verhalten. An wasserabweisenden Materialien blieben sehr viele Zellwandmoleküle der Bakterien kleben. „Das führt insgesamt zu einer starken Haftung“, erläutert der Professor für Theoretische Physik. Auf Oberflächen, die leicht benetzt werden könnten, fänden dagegen wenige Moleküle Halt. Der Biofilm der Bakterien haftet dort schlecht. Diese Erkenntnisse sollen nun genutzt werden, um antibakterielle Oberflächenbeschichtungen zu verbessern, erklären die Physiker.

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