Korruptionsprozess Bewährungsstrafe für Ex-Bürgermeister

Saarbrücken · Wegen Bestechlichkeit hat das Landgericht den früheren Mettlacher SPD-Rathauschef Carsten Wiemann verurteilt.

 Der ehemalige Mettlacher Bürgermeister Carsten Wiemann (vorn) mit seinem Verteidiger Joachim Giring. Im Hintergrund die Mitangeklagten Markus Rausch (li) und Hans-Georg Stritter mit Verteidiger Jens Schmidt.

Der ehemalige Mettlacher Bürgermeister Carsten Wiemann (vorn) mit seinem Verteidiger Joachim Giring. Im Hintergrund die Mitangeklagten Markus Rausch (li) und Hans-Georg Stritter mit Verteidiger Jens Schmidt.

Foto: BeckerBredel

„Der objektive Tatbestand der Bestechlichkeit ist unzweifelhaft erfüllt“, stellte Christiane Schmitt, Vorsitzende Richterin der Wirtschaftsstrafkammer am Saarbrücker Landgericht, gestern bei der Urteilsverkündung im Prozess gegen den früheren Mettlacher Bürgermeister Carsten Wiemann (51) ausdrücklich fest. Er habe sich von seinen früheren SPD-Parteifreunden Markus Rausch (47), Rechtsanwalt und Ex-Fraktionschef im Mettlacher Gemeinderat sowie von Hans-Georg Stritter (67), dem ehemaligen Landtagsabgeordneten und Mitglied des Verwaltungsrates der Sparkasse Merzig-Wadern, bestechen lassen. Gegen Wiemann und Stritter verhängte das Gericht eine Bewährungsstrafe von einem Jahr, gegen Anwalt Rausch eine von 13 Monaten. Rausch war neben Bestechung auch wegen Gründungsschwindels angeklagt, weil er bei der Gründung der Gesellschaft „Grüner Kreis Immobilien“ in Berlin wahrheitswidrig versichert hatte, das Stammkapital von 25 000 Euro sei bereits einbezahlt. Das Trio aus der Mettlacher Kommunalpolitik wird von dem Gericht zudem zur Kasse gebeten. Als Bewährungsauflage sollen Stritter 15 000 Euro, Rausch 10 000 Euro und Wiemann 5000 Euro in je zwei Jahresraten an die Staatskasse überweisen. Das Gericht blieb deutlich unter den von Staatsanwalt Thomas Haug beantragten Strafen. Er hatte am Montag – wie berichtet – für Rausch 21 Monate, für Wiemann und Stritter 20 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung gefordert.

Hintergrund des Prozesses ist der Skandal um das Flüchtlingsheim „Auf Kappelt“ im Mettlacher Ortsteil Saarhölzbach. Rausch, Wiemann und Stritter hatten sich 2015 nach Überzeugung des Gerichts darauf verständigt, die Flüchtlingskrise zu nutzen, um gemeinsam Geld zu machen. Die Immobilie wurde für 210♦000 Euro ersteigert, eine GmbH gegründet, in deren Gesellschafterkreis kurzzeitig die Ehefrau des Bürgermeisters aufgenommen wurde. Wiemann habe als Verwaltungschef der Firma schriftlich einen lukrativen Mietvertrag mit der Gemeinde zugesichert. Stritters Part war es, sich um die Finanzierung über die Sparkasse zu kümmern, was aber nach Bekanntwerden des Skandals scheiterte.

Für Richterin Christiane Schmitt lag der Sachverhalt nach der umfangreichen Beweisaufnahme und den Geständnissen der Angeklagten „klar auf der Hand.“ Zentrale Frage war, ob und wie „das Verhalten der Angeklagten“ rechtlich zu würdigen war. Die Verteidiger Joachim Giring (Wiemann), Johannes Zimmermann (Rausch) und Jens Schmidt (Stritter) hatten am Vortag zwar von „unklugem“ und „hochgradig unvernünftigem Vorgehen ihrer Mandanten gesprochen. Sie hätten sich nicht strafbar gemacht. Die Strafkammer ist da ganz anderer Meinung, stellte eine „pflichtwidrige Diensthandlung“ des Amtsträgers Wiemann fest. Er habe sich nicht von sachlichen Gesichtspunkten leiten lassen, als er der Gesellschaft zustimmte, deren Gesellschafterin dann kurz danach seine Frau wurde. Schmitt weiter: „Die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes ist das geschützte Rechtsgut.“ In diesem Fall „handelte sich nicht nur um eine reine Selbstbedienung des Bürgermeisters,“ auch die Mitangeklagten Rausch und Stritter hätten ein „eigenes Interesse“ an dem Geschäft gehabt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidiger signalisierten, dass sie Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe einlegen werden. Giring: „Dieses Urteil wirft viele Rechtsfragen auf, die bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden sind.“

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