Der neue Leiter des Stadtarchivs, Christian Reuther Kaiservisite im Neunkircher Stadtarchiv

Neunkirchen · Der neue Chef möchte das Archiv bekannter machen. Es soll erste Anlaufstelle zur Stadtgeschichte sein.

 Der neue Neunkircher Stadtarchivar Christian Reuther in seinem Element.

Der neue Neunkircher Stadtarchivar Christian Reuther in seinem Element.

Foto: Thomas Seeber

„Hier gibt es so viel zu tun, ich könnte 24 Stunden am Tag arbeiten.“ Auch wenn ihm die neue Aufgabe viel Freude bereitet, ganz so lang sollten die Arbeitstage von Christian Reuther, dem neuen Leiters des Stadtarchivs Neunkirchen, nun doch nicht sein.

 Am 1. März, just an seinem 39. Geburtstag, trat Reuther die Nachfolge von Archivarin Susanne Neis an, die in den Ruhestand ging. Von einer Hüttenstadt zur nächsten quasi, hatte er doch zuvor gut fünf Jahre das Stadtarchiv in Völklingen geleitet. Studiert hat der gebürtige Ludwigshafener Geschichte und Anglistik auf Magister und Staatsexamen an der Uni Trier. Nach dem Praktikum an einer Schule merkte er schnell: „Lehrer, das ist nicht meins.“ Ein Einführungskurs in Archivkunde wies den Weg zum späteren Traumberuf. Dieser führte über das Referendariat für den höheren Archivdienst am Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar und Stationen in Darmstadt und Völklingen schließlich in die zweitgrößte Stadt des Saarlandes und damit ein Stückchen näher zum Wohnort Birkenfeld und der Familie.

Das kulturelle und historische Erbe dieser Stadt zu bewahren und für die künftigen Generationen zu erhalten, sieht Christian Reuther trotz der riesigen Menge an Archivalien - geschätzt sind es etwa 80 000 gesammelte Dokumente - als spannende Herausforderung an. Eine Vielzahl der alten Dokumente muss aufbereitet und vor Staub und Feuchtigkeit geschützt verpackt werden. Doch neben der Sorge um eine fachgerechte Lagerung gibt es wohl keine zufrieden stellende Antwort auf die Frage, wie man digitale Daten dauerhaft für die nachfolgenden Generationen lesbar macht. Datenformate und Träger sind immer kurzlebiger - wer speichert heute noch etwas auf Diskette? „Es ist unsere Aufgabe, die tote Materie am Leben zu erhalten“, sagt der Stadtarchivar, der nicht nur in dieser Hinsicht eine große Verantwortung trägt. Entscheidet er doch auch darüber, welche Unterlagen auf Dauer aufbewahrt und welche vernichtet werden. So bieten in regelmäßigen Abständen die städtischen Ämter und Abteilungen dem Archiv ihr Schriftgut zur Übernahme an. Kein Wunder, dass die Räume des Stadtarchivs in der vierten Etage „gut gefüllt“ sind.

Der Wunsch nach mehr Platz kommt nicht von ungefähr. Das würde auch die Arbeit der langjährigen Stadtarchivmitarbeiterin Karin Carl und von Dennis Schuld, der für die Bibliothek zuständig ist, erleichtern.

 Die Augen Christian Reuthers leuchten, wenn er von einem „Schatz“ berichtet, den Karin Carl per Zufall in einer der Schubladen entdeckte. Eine auf Karton gedruckte, aufklappbare Karte, die den Besuch von Kaiser Wilhelm II. am 25. April 1892 in Neunkirchen dokumentiert. Der Besuch in der Koksanlage, im Schlafhaus, der Fußweg bis zu den Meisterhäusern, die kaiserliche Kutschfahrt durch die Stadt - faszinierend. Reuther hat über die Kaiservisite einen Artikel geschrieben, eine ausführliche Darstellung des Kaiserbesuchs soll demnächst auf der Homepage der Stadt Neunkirchen nachzulesen sein. Ein Beispiel dafür, wie der Stadtarchivar mit verstärkter Öffentlichkeitsarbeit ein größeres Bewusstsein für die Geschichte der Stadt Neunkirchen schaffen möchte. Er lädt deshalb auch die Bürger dazu ein, an den Schätzen des Stadtarchivs teilzuhaben. Natürlich müssen rechtliche Vorgaben dabei berücksichtigt werden. Besucher würden mit offenen Armen empfangen, nach Rücksprache auch außerhalb der Besuchszeiten (siehe Infokasten), versichert Reuther. Schließlich ist das Stadtarchiv nicht nur Dienstleister für die Verwaltung, sondern auch für die Bürger und die Öffentlichkeit. Etwa im Zuge von Erbenermittlung, bei der Familienforschung oder der Recherche für wissenschaftliche Arbeiten von Studenten. Hoch willkommen sind auch Schenkungen von Privatpersonen oder Vereinen, etwa Festschriften, Fotos, alte Postkarten. „Darin sind spannende Geschichten versteckt“, weiß Reuther, der selbst eine kleine Sammlung von Postkarten hat. Das Hobby Lesen verwundert nicht, auch Fußball wird in der Freizeit gespielt. Dafür wird in naher Zukunft wahrscheinlich nicht viel Zeit bleiben, denn Familie Reuther bekommt demnächst Zuwachs. Also dann doch lieber nicht 24 Stunden am Tag im Stadtarchiv verbringen? Die Verwaltungsspitze dürfte dafür Verständnis haben.

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