Es riecht nach SchlammVertrauen ist gut, Kontrolle ist besser: Die Besten müssen zur Doping-Kontrolle

St. Wendel. Der Radsport und die Doping-Problematik - das gehört seit Jahren leider eng zusammen. Und auch bei der Radcross-Weltmeisterschaft ist es ein großes Thema. Schließlich gilt Radcross als die härteste Radsportart überhaupt. Hanka Kupfernagel ist schon 36 Jahre alt - und sie gehört noch immer zur Weltspitze

 Es geht aufwärts: Beim ersten offiziellen Training machten sich gestern die Radcrosser, hier die Schweden, mit der St. Wendeler WM-Strecke vertraut. Foto: B & K

Es geht aufwärts: Beim ersten offiziellen Training machten sich gestern die Radcrosser, hier die Schweden, mit der St. Wendeler WM-Strecke vertraut. Foto: B & K

St. Wendel. Der Radsport und die Doping-Problematik - das gehört seit Jahren leider eng zusammen. Und auch bei der Radcross-Weltmeisterschaft ist es ein großes Thema. Schließlich gilt Radcross als die härteste Radsportart überhaupt. Hanka Kupfernagel ist schon 36 Jahre alt - und sie gehört noch immer zur Weltspitze. Eine Ausnahme ist sie dabei nicht: Die Belgier Bart Wellens (32) und Sven Nys (34), die Holländerin Daphny van den Brand (32) und die Amerikanerin Katherine Compton (32) zählen als Ältere ebenfalls noch zum Favoritenkreis auf den Weltmeistertitel. Ihnen gemeinsam: Positive Dopingtests gab es noch nie. Wie aber schaffen es diese Sportler, noch immer Top-Leistungen zu bringen? "Beim Cross kommt sehr viel auf die Technik an, nicht nur auf Kraft", erklärt die vierfache Weltmeisterin Hanka Kupfernagel. "Und wer häufiger dabei ist, hat mehr Routine und kann besser mit Druck umgehen". Trotzdem, vollkommen sauber ist auch Radcross nicht: Erst bei den vergangenen Weltmeisterschaften in Tabor suspendierte der Weltradsportverband die polnischen U23-Brüder Pawel und Kacper Szczepaniak, die ursprünglich Gold und Silber gewonnen hatten, wegen Doping-Missbrauchs.Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Gegen neue Betrugsversuche ist Klaus Bouillon, Organisationspräsident der Cross-WM, gerüstet. "Der internationale Radsport-Verband UCI schickt einen Arzt und einen Beauftragten nach St. Wendel", erklärt er. Die vier bestplatzierten Fahrerinnen oder Fahrern müssen ohnehin zum Test. Dazu bestimmt der Beauftragte nach dem Zufallsprinzip vor jedem Rennen zwei weitere Fahrer, die sich der Doping-Kontrolle unterziehen müssen. "Direkt im Ziel kommen dann unsere Leute und begleiten diejenigen bis zur Toilette. Die Fahrer können keinen Meter mehr allein gehen", sagt Bouillon. cjo

St. Wendel. Es wird gehämmert, geschraubt, teilweise noch gebaggert. Einige Leute rufen Anweisungen durch die Gegend, in kleinen Gruppen werden letzte Details beratschlagt. Es ist kalt und windig in St. Wendel. Beinahe jeder hat eine Mütze auf. Hinter dem Zielraum flimmert ein riesiges Testbild über die Videoleinwand.

Gestern startete am St. Wendeler Sportzentrum das erste offizielle Training zur Radcross-Weltmeisterschaft, und rund um den Parcours wurde der Anlage der letzte Feinschliff gegeben. Es ist stressig, aber jeder hier freut sich auf das Wochenende. Ganz besonders eine Nation: Die belgische Flagge ist überall präsent: auf der Strecke und daneben. Vor der Sporthalle ist ein riesiges Zelt aufgebaut, das so auch auf dem Münchner Oktoberfest stehen könnte. Zwei Frittenbuden sind vor dem Eingang platziert, drinnen ist eine 25 Meter lange Theke. "Wir hoffen, dass wir hier mit allen Fans feiern können", sagt der belgische Zelt-Chef Peter de Peuter und reagiert fast beleidigt auf die Frage, ob das Zelt denn auch komplett voll sein wird. Eigene Kamerateams, ein eigenes TV-Studio und bis zu drei Fanbusse pro Fahrer - St. Wendel wird am Wochenende fest in belgischer Hand sein.

Während Peter de Peuter weiter seine Kühlschränke mit Getränken füllt, rollen vor dem Zelt sämtliche Nationaltrikots über die Strecke: Niederländer, Schweden, sogar Japaner, Neuseeländer und Kanadier sind dabei. Es riecht nach Schlamm, Erde und Matsch. Ein schwieriger Anstieg, kurz nach dem Start, ist besonders interessant. Es geht einen schrägen, schlammigen Hang steil nach oben. Fast jeder Fahrer hat damit Probleme, es fallen Flüche - in allen Sprachen. "Vielleicht gefriert es bis Sonntag noch. Dann haben wir feste Rillen, in denen wir fahren können, wie bei einer Straßenbahn", sagt der Belgier Laurens Sweeck und spricht damit die alles dominierende Frage beim Training an: Gefriert es noch, oder nicht?

Was besser wäre, darüber gibt es keine Einigkeit. Die deutsche Top-Fahrerin Sabine Spitz hofft darauf: "Es wäre besser, dann hätte ich mehr Grip, vielleicht nicht gerade Eis, aber wenigstens wäre ein etwas festerer Untergrund." Ihre Teamkollegin Elisabeth Brandau sieht es anders. "Es kann ruhig schlammig bleiben, es macht unheimlich Spaß darauf zu fahren", sagt sie und geht das Rad wechseln. Vor lauter Dreck dreht sich die Kette kaum noch.

Brandau fährt rüber zum Fahrerlager, das sich auf dem Hartplatz am Sportzentrum befindet. Dort hat jede Nation ihren Container, überall wird geschraubt und gefachsimpelt. Die Italiener haben sich besonders breit gemacht und ihren Container kurzerhand um drei Zelte erweitert. Daneben stehen die Boxen der anderen Nationen, und auch hier wird hauptsächlich übers Wetter geredet. "Was sagt euer Wettermann voraus? Hoffentlich nicht noch kälter", sagt der Trainer des US-Teams, Marc Gullickson, und zieht sich seine Mütze weiter ins Gesicht. Gibt es Probleme, falls es tatsächlich gefriert? Organisator Thomas Wüst hat dazu eine klare Meinung: "Das sind alles Cross-Profis. Die muss man nicht so zart anpacken", meint er und lacht. Alles ist startklar. Die WM kann beginnen. Egal wie das Wetter wird.

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