Eine traute Gebetsstätte

Unauffällig liegt in der Mitte des Merziger Stadtteiles Harlingen die kleine barocke Marienkapelle "beatae Mariae virginis". Sie steht unter Denkmalschutz, und ihr verdankt Harlingen den Beinamen "Wallfahrtsort". Diese Wallfahrtskirche ist seit ihrem Bestehen (1727) ein religiöser Mittelpunkt des Bietzerberges

 Die Marienkapelle in Harlingen. Fotos: SZ

Die Marienkapelle in Harlingen. Fotos: SZ

Unauffällig liegt in der Mitte des Merziger Stadtteiles Harlingen die kleine barocke Marienkapelle "beatae Mariae virginis". Sie steht unter Denkmalschutz, und ihr verdankt Harlingen den Beinamen "Wallfahrtsort". Diese Wallfahrtskirche ist seit ihrem Bestehen (1727) ein religiöser Mittelpunkt des Bietzerberges. Auch wenn sie nicht zu den großen Wallfahrtsstätten der Welt gezählt wird, so ist sie fest eingereiht in die Liste der deutschen Wallfahrtsorte. Es kommen regelmäßig Gläubige aus nah und fern, um zu der Marienkapelle zu wallfahrten. Auch Menschen, die nur Ruhe suchen, gönnen sich ein paar Minuten in der Kapelle. Seit dem 18. Jahrhundert kommen im Marienmonat Mai jährlich einige Hundert Wallfahrer zur Kapelle nach Harlingen, "um von der Gottesmutter ihren Segen zu erflehen". Sie alle fühlen sich angezogen von der trauten Gebetsstätte zum Gnadenbild der Gottesmutter mit dem Kinde, die sie hier vorfinden. Das Gnadenbild entstand in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Es ist ein wertvolles Kunstwerk eines unbekannten Künstlers. Die mittlerweile vom Heimatkundlichen Verein des Bietzerberges neu errichteten Votivtafeln für Gebetserhörung sind am Glockenturm der Kapelle angebracht. Die Sage erzählt, dass im 30-jährigen Krieg (1618 bis 1648) die ungläubigen Schweden das Dorf Wolkinsen, das in der Nähe eines Nonnenklosters stand, und auch die Dörfer des Bietzerberges dem Erdboden gleichmachten. Sie plünderten und zerstörten das Kloster, das am Wege nach Merchingen gestanden haben soll, brachten die Nonnen und fast alle Einwohner des Bietzerberges um. Bietzerberger, die in jenem Krieg geflüchtet waren und am Kriegsende zurückkehrten, fanden das Gnadenbild in der zerstörten Kapelle, nahmen es mit und stellten es in ihrer Pfarrkirche in Bietzen auf. Als sie am anderen Tage in die Kirche kamen, um vor der Gnadenmutter zu beten, war das Bild nicht mehr da. Es war in die Trümmer der Kapelle nach Harlingen zurückgekehrt. Dasselbe wiederholte sich noch zweimal. Erst dann erkannte man den Willen der Madonna, dass sie in Harlingen bleiben wollte. An Mariä Himmelfahrt (15. August) ab 14 Uhr feiert Harlingen die Wallfahrt und das Kapellenfest unter Mitwirkung der ortsansässigen Vereine. Der Heimatkundliche Verein Bietzerberg und der Pfarrgemeinderat informieren interessierte Besucher und Wallfahrer ausführlich über die Geschichte der Wallfahrt in Harlingen. Der Landfrauenverein und der MGV Harlingen stellen ihre Aktivitäten und ihre Rolle in der dörflichen Gemeinschaft vor. Die Jugendwehr der Freiwilligen Feuerwehr stellt ihre Aktivitäten vor und bietet bei dem Fest Stelzenlaufen für Kinder und Jugendliche an. Die Elterninitiative kümmert sich um Spiele und um das Schminken der Kleinsten. Die Bekanntgabe der Gewinner des Luftballonwettbewerbes vom Kinderfest ist für 15 Uhr geplant. Der Ortsrat Harlingen übernimmt die Bewirtung der Besucher. Um 18 Uhr beginnt die traditionelle Wallfahrt in der Pfarrkirche Bietzen, mitgestaltet vom Kirchenchor. Anschließend gehen die Wallfahrer in einer Prozession zur Kapelle nach Harlingen. Dort endet die Wallfahrt mit einer Andacht und dem feierlichen eucharistischen Segen. Das Kapellenfest findet um den Kapellenplatz herum statt. Der Erlös des Kapellenfestes kommt der Kapelle zu Gute. red "Es kommen regelmäßig Gläubige aus nah und fern zur Marienkapelle."Heimatkundlicher Verein Bietzerberg

 Kreuzwegstation.

Kreuzwegstation.

 Gnadenbild.

Gnadenbild.

hintergrundDie Harlinger Kapelle ist nach heutigen Erkenntnissen ein Bauwerk von Christian Kretzschmar. Der Kirchenraum ist ein bemerkenswerter Saalbau. Der Innenraum ist mit einer flachen Voutendecke und das Gewölbe mit breiter Kehle gestaltet. Die Ornamentarbeiten zeigen auch Ansätze des Rokokostils. Der Altar aus dem 18. Jahrhundert ist teilweise noch im Originalzustand. Besonders an den Seitenteilen des Altares treten Merkmale auf, die von der Renaissance bis zum Klassizismus reichen, gemischt mit Elementen des späten Barock. Anhänger der Bildmalerei finden an den Seitenwänden der Kapelle Werke des Künstlers Ernst Alt. Sie zeigen den Leidensweg Christi. Seine fast abstrakten Bilder sind mit einer ausdrucksvollen Farbkombinatorik durchsetzt, die eine besondere Ausdruckskraft haben. red

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