Ein Stadtteilautor für den Rodenhof

Saarbrücken. "Spannend" ist eine Eigenschaft, die man nicht unbedingt mit dem Rodenhof in Verbindung bringt. Außer vielleicht, man ist Fußballfan und verfolgt bei den Heimspielen im nahen Ludwigspark-Stadion bangend das Auf und Ab des 1.FC Saarbrücken. Ansonsten gilt dieser Stadtteil eher als still

 Dieses Archivfoto zeigt den Rodenhofer Kirmesumzug von 1953, mit Blick in Richtung St. Albert. Foto: Sammlung Karl-Heinz David

Dieses Archivfoto zeigt den Rodenhofer Kirmesumzug von 1953, mit Blick in Richtung St. Albert. Foto: Sammlung Karl-Heinz David

Saarbrücken. "Spannend" ist eine Eigenschaft, die man nicht unbedingt mit dem Rodenhof in Verbindung bringt. Außer vielleicht, man ist Fußballfan und verfolgt bei den Heimspielen im nahen Ludwigspark-Stadion bangend das Auf und Ab des 1.FC Saarbrücken. Ansonsten gilt dieser Stadtteil eher als still.Heribert Leonardy, der seit acht Jahren auf dem Rodenhof lebt, ist eher ein Western- denn ein Fußball-Fan. Die abenteuerlichen Geschichten von Cowboys und Indianern erforscht er als Kulturwissenschaftler sogar von Berufs wegen. Einen ganzen Aktenordner voller historischer Materialien hat Leonardy in den vergangenen Monaten zusammengetragen. Das sei "ganz spannend" sagt er immer wieder, während er darin blättert und erzählt, was er recherchiert hat. Dabei geht es nicht etwa um die Geschichte von Wyoming, sondern um die des Rodenhofs. Die will Leonardy jetzt als Stadtteilautor dokumentieren.

Wurde der Rodenhof bisher vielleicht unterschätzt? In den Geschichtsbüchern über Saarbrücken, hat Leonardy bei seinen Erkundungen im Stadtarchiv festgestellt, "wird er immer nur mal kurz erwähnt". Einzig über den fürstlichen Ludwigspark aus der Barockzeit gebe es ein dickes, profundes Buch der Kunsthistorikern Minoti Paul. Dabei sei hier doch auch später viel passiert, findet der Stadtteilautor. Besonders, wenn man, wie er es vorhat, die Entwicklung des Rodenhof in Verbindung mit der Entwicklung des Saarbrücker Hauptbahnhofs beschreibt. "Gerade in der Zeit zwischen den Kriegen war es spannend", sagt Leonardy, "da war am Bahnhof viel los". Vor der Saarabstimmung habe die Reichsregierung zu Propagandazwecken jede Menge Sonderzüge hierhergeschickt. Danach wollten die Nazis dann die EWBG, die Eisenbahner Wohnungsbau-Genossenschaft auflösen, weil sie ihnen politisch nicht passte, erzählt Leonardy. Doch das habe ein Saarländer erfolgreich verhindert, obwohl der selbst NSDAP-Mitglied und sogar Ortsgruppenleiter war.

Eine Fundgrube an Informationen war für Leonardy nicht nur eine Jubiläumsschrift der EWBG zu ihrem 100-jährigen Bestehen 1993, sondern auch Privatarchive der beiden Rodenhofer Alfred Langenbahn vom Kultur- und Bürgerverein und Karl-Heinz David. Sie gaben ihm Fotos vom Bau der ersten katholischen Kirche, von den Zerstörungen bei der ersten Flächenbombardierung 1942. "Ganz spannend: Herr David hatte recherchiert, dass es auf dem Rodenhof Kriegsgefangenenlager gab", berichtet der Stadtteilautor. Sogar den Brief eines französischen Gefangenen habe er aufbewahrt und Fotos, auf denen Gefangene Rodenhofer Kindern von ihrem Essen abgeben. Leonardy recherchiert in den nächsten Monaten noch weiter.

"Ich fände es schön, wenn die Stadt das am Ende in Buchform drucken könnte", sagt er und weiß: "Das war auch immer schon ein Traum von Herrn David". Noch ist das Buch nicht finanziert. Aber wer weiß, vielleicht finden ja auch die Rodenhofer selbst das Vorhaben so spannend, dass sich ein paar Sponsoren melden. Foto: LHS

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