Der lüsterne Graf schaut in die Röhre

Malstatt. Wenn sich das Stage-Ensemble eines Bühnenstoffes annimmt, ist mit Überraschungen zu rechnen. So auch bei der neuesten Produktion, "Figaros Hochzeit oder Ein aberwitziger Tag", die am Dienstag im Bürger- und Kulturzentrum Breite 63 Premiere hatte

 Susanna (Pia Kranitz) und Figaro (Markus Marotta) auf dem Plakat für das neue Stage-Stück. Foto: SZ/Stage

Susanna (Pia Kranitz) und Figaro (Markus Marotta) auf dem Plakat für das neue Stage-Stück. Foto: SZ/Stage

Malstatt. Wenn sich das Stage-Ensemble eines Bühnenstoffes annimmt, ist mit Überraschungen zu rechnen. So auch bei der neuesten Produktion, "Figaros Hochzeit oder Ein aberwitziger Tag", die am Dienstag im Bürger- und Kulturzentrum Breite 63 Premiere hatte. Dabei fängt alles genau so an, wie man es von Mozarts Oper "Die Hochzeit des Figaro" nach der Komödie "La Folle Journée, ou Le mariage de Figaro" (Der tolle Tag oder Die Hochzeit des Figaro) von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais kennt: Figaro und Susanna, beide Bedienstete des Grafen Almaviva, stehen kurz vor ihrer Hochzeit. Doch der Graf, als Lüstling am ganzen Hof gefürchtet, stört das junge Glück empfindlich, besteht er doch bei Susanna auf dem Recht der ersten Nacht. Aber da hat der Herr Graf (Thomas Röhrig) die Rechnung ohne seine Untertanen samt Gräfin gemacht, die sich solidarisieren, um dem sexbesessenen Tyrannen die Stirn zu bieten und Susanna (Tanja Kehrer/Pia Kranitz) zu retten. Es beginnt ein herrlich in Szene gesetztes Intrigenspiel mit Figaro (Markus Marotta) in der Hauptrolle. Der Graf schaut in die Röhre, doch das aus der Oper bekannte Happy End bleibt aus: Während die Gräfin ihrem untreuen Gatten bei Mozart am Ende verzeiht, blasen die Untertanen in der Version von Stage zur Revolution. Mit Mistgabeln und Peitsche bewaffnet, bestrafen sie den Grafen und jagen ihn aus ihrer Mitte. Die unsägliche Wut auf den Herrscher entlädt sich im Abschlusschor, bei dem auch die Schauspieler alles geben. "Ihr knechtet uns nicht mehr, mehr, mehr. Revolution um Mitternacht" donnert es aus allen Kehlen. Kaum zu glauben, dass hier Amateure auf der Bühne stehen, Menschen, die seit langem arbeitslos sind oder ein Handicap haben, und deshalb am Integrationsprojekt Stage des Ausbildungszentrums Burbach (AZB) teilnehmen. Musikalisch sind die Darsteller auch in den übrigen Szenen Lichtjahre von Mozart entfernt: Statt Arien erklingt Pop und Rock, live gesungen - Kompliment! Eine traurige Liebesballade stimmt die Gräfin (Christine Decker, Katja Schommer) an, Andreas Wilhelm glänzt - nicht nur als Sänger - in der Rolle des lispelnden Bazille. Auch die übrigen Schauspieler wissen ihre Rollen mit viel Witz zu würzen. Vom Diener Cherubin bis zum kiffenden Gärtner, vom Richter bis zu Figaros Mutter Marceline: Der Applaus ist hochverdient und gilt nicht zuletzt auch Regisseurin Gabi Bernstein, den Musikern Vladimir Koslovitch, Christian Klein und all den anderen auf und hinter der Bühne.Nächste Vorstellung: Heute, Donnerstag, 10. Dezember, 19 Uhr, "Breite 63", Breite Straße 63. Der Eintritt ist frei.

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