Gensch beklagt im Zweibrücker Gefängnis auch Gewalt-Anstieg gegen Bedienstete JVA-Personal hat 31 428 Überstunden angehäuft

Zweibrücken/Mainz · Noch nie in den vergangenen zehn Jahren mussten die Bediensteten im Zweibrücker Gefängnis so viel Mehrarbeit leisten wie 2019, zeigen Zahlen von Justizminister Herbert Mertin. Christoph Gensch fordert deshalb, nach jahrelangem Personalabbau das Personal sofort aufzustocken. „Besorgniserregend“ nennt der Landtagsabgeordnete auch die zunehmende Gewalt gegen JVA-Beamte in Zweibrücken.

 Seit 2016 ist der Überstundenberg der Beamten und Beschäftigten der Justizvollzugsanstalt (JVA) Zweibrücken Jahr für Jahr deutlich gewachsen.

Seit 2016 ist der Überstundenberg der Beamten und Beschäftigten der Justizvollzugsanstalt (JVA) Zweibrücken Jahr für Jahr deutlich gewachsen.

Foto: Lutz Fröhlich

Die Bediensteten der Justzivollzugsanstalt Zweibrücken (JVA) schieben einen gewaltigen Überstundenberg vor sich her. Das belegen Zahlen, die der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP) auf Anfrage des Zweibrücker Wahlkreis--Landtagsabgeordnete Christoph Gensch mitgeteilt hat.

Gensch (CDU) stellte mehrere „Kleine Anfragen“, nachdem Winfried Conrad, Landes-Vorsitzender der Gewerkschaft „Bund der Strafvollzugsbediensteten“, Anfang März 2019 in einem Merkur-Exklusivgespräch hunderttausende Überstunden und Gewalt gegen Beamte in den rheinland-pfälzischen Justizvollzugsanstalten beklagt hatte.

Gensch weist in seiner Pressmitteilung darauf hin, dass sich die Überstunden der Zweibrücker JVA-Bediensteten aktuell auf einem Zehn-Jahres-Höchststand befinden. Laut den unserer Zeitung vorliegenden Antworten von Mertin auf Genschs Anfragen wiesen die Mitarbeiter der JVA Zweibrücken bereits zum Stichtag 30. November 2019 insgesamt 31 428 Überstunden auf. Gensch: „Dies ist bezogen auf die letzten zehn Jahre der mit Abstand höchste Wert.“

Seit 2016 ist der Überstundenberg Jahr für Jahr deutlich gewachsen. Der Merkur hat aus den vorgelegten Daten errechnet, dass der Durchschnitt in den zehn (vollen) Jahren davor bei „nur“ 18 618 Überstunden lag.

Gleichzeitig stellt Gensch fest, dass die Anzahl der JVA-Mitarbeiter sowohl bei den Beamten als auch bei den Beschäftigten in den letzten zehn Jahren abgenommen hat. Zum Stichtag 31.12.2009 waren laut Justizminister Mertin im Zweibrücker Gefängnis insgesamt 250,75 Beamten- und Beschäftigtenstellen besetzt, zum Stichtag 30.11.2019 nur noch 239,12.

Durchschnittlich hat damit jeder Bedienstete der JVA Zweibrücken 131,4 Überstunden angesammelt, hat der Merkur ausgerechnet.

Mertin schreibt in seiner Antwort an Gensch, alle in den kommenden Jahren in der JVA Zweibrücken durch Ruhestandseintritte freiwerdenden Stellen „sollen in vollem Umfang nachbesetzt werden“ (2020: 13 Bedienstete, 2021: 8, 2022: 10).

Das reicht Gensch aber bei Weitem nicht. Der Landtagsabgeordnete schreibt: „Vor dem Hintergrund der steigenden Überstunden und der zunehmenden beruflichen Belastungen der Mitarbeiter ist der jahrelange sukzessive Personalabbau nicht erklärbar und sofort zu beenden.“ Gensch fordert Justizminister Mertin auf, „sofort tätig zu werden und eine Verstärkung des Personals mindestens auf die Stärke von 2009 vorzunehmen“.

Die Analyse Antworten des Justizministers „zeigt zudem, dass Angriffe und Gewalt gegen Beamte in der JVA Zweibrücken in den letzten beiden Jahren zugenommen haben“, so Gensch. In den Jahren 2018 und 2019 waren jeweils vier Vorfälle zu verzeichnen, in welchen Bedienstete verletzt beziehungsweise angegriffen wurden (2009 bis 2017 schwankte diese Zahl zwischen 0 und 2). Infolge der Angriffe war im Jahr 2018 ein Mitarbeiter insgesamt 67 Werktage erkrankt. Im Jahr 2019 waren Mitarbeiter an insgesamt zwölf Werktagen dienstunfähig erkrankt.

Dies ist eine Entwicklung, die Gensch besorgt und die er nicht akzeptieren will, gerade vor dem Hintergrund, dass „kleinere körperliche Attacken“, verbale Anfeindungen und Vorfälle wie das „Anspucken der Beamten“ in diesen Statistiken im Regelfall nicht einmal erfasst werden, wie Gewerkschafter Conrad vergangenen März im Merkur erklärt hatte.

Gensch fordert: „Wir sollten im Rahmen der gesellschaftlichen und politischen Debatte über den Strafvollzug das Augenmerk wieder mehr auf die JVA-Bediensteten richten.“ Neben genügend Personal fehle auch „die Wertschätzung für dessen wichtige, anspruchsvolle und auch gefährliche Arbeit“. Gensch möchte sich in den nächsten Wochen mit JVA-Bediensteten treffen, „um zuverlässig in Erfahrung zu bringen, ob und wie über die parlamentarischen Initiativen der CDU-Landtagsfraktion hinaus noch konkret geholfen werden kann“. Gensch plant auch einen Besuch des Zweibrücker Gefängnisses, „um sich vor Ort einen Eindruck zu verschaffen“.

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