Hubert Zitt referiert über Verschwörungstheorien „Wage es, weise zu sein“

Kaiserslautern/Zweibrücken · Verschwörungstheorien kursieren mittlerweile überall in den Weiten des Internets. Sie zu verbreiten ist nicht schwer. Darauf ging Hubert Zitt, Dozent an der Hochschule Kaiserslautern am Campus in Zweibrücken, ein – und gab Antworten auf wissenschaftlicher Basis.

 In seinem, auch im Internet übertragenen Vortrag ging Hubert Zitt (rechts) auf Verschwörungserzählungen rund um die Terroranschläge am 11. September 2001 ein.

In seinem, auch im Internet übertragenen Vortrag ging Hubert Zitt (rechts) auf Verschwörungserzählungen rund um die Terroranschläge am 11. September 2001 ein.

Foto: Screenshot/Susanne Lilischkis/Susanne Lilischkis

Zu einem Vortrag über sogenannte „Fake News“, also manipulativ verbreitete, vorgetäuschte Nachrichten, und Verschwörungstheorien aus Sicht der Naturwissenschaft hatten die Atlantische Akademie und das Jugendparlament Kaiserslautern in das Audimax der Hochschule in Kaiserslautern eingeladen. Referent war Hubert Zitt vom Hochschulstandort Zweibrücken. Dort hält er jedes Wintersemester die weithin bekannte Star-Trek-Weihnachtsvorlesung. Um Außerirdisches ging es auch in diesem Vortrag von Zitt, zum Beispiel um die Frage, ob die Amerikaner wirklich auf dem Mond gelandet sind, oder ob Hollywood in diesem Zusammenhang einen großen Coup gelandet hat.

Neben dieser im Grunde harmlosen Verschwörungserzählung gibt es aber auch Mythen im Netz, die wesentlich mehr Schaden anrichten. „Wir bekommen für unsere Politik direkte Rückmeldung im Netz“, berichtete Moritz Behnke vom Jugendparlament Kaiserslautern, „dort sind Verschwörungstheorien allgegenwärtig, auch im eigenen Umfeld. Hier lohnt sich ein naturwissenschaftlicher Blick.“ Auch Hubert Zitt gab zu bedenken: „Wir sind bei fast allen Themen Laien. Wer Experten widerspricht, sollte gute Argumente haben und Quellen nachweisen können.“

Vor allem die sozialen Medien sieht Zitt als Verbreiter von Falschinformationen und macht das am Beispiel des Videoportals „Youtube“ deutlich. Wer dort ein Verschwörungsvideo schaue, bekomme vom Algorithmus Videos mit ähnlichem Inhalt empfohlen. „Früher, vor Corona, haben wir uns in der Kneipe getroffen und diskutiert. Da hatte jeder eine andere Meinung, mit der musste man klarkommen. Aber die Pandemie hat bewirkt, dass die Leute viel mehr Zeit im Internet verbringen. Viele landen dann in einer Filterblase, in der alle die gleiche Meinung haben“, ergänzte Zitt. Weil sich das Gehirn schwer mit Zufällen abfinden könne, bräuchten wir einen Schuldigen für unvorhergesehene Ereignisse.

Den hat Daniel Ganser ausgemacht. Der Historiker veröffentlichte ein Video auf dem Youtube-Kanal von Ken FM, einem bekannten Verschwörungstheoretiker. Dort behauptete Ganser, die amerikanische Regierung hätte ein Gebäude des World Trade Centers selbst gesprengt. Mit geschickt geschnittenen Videobildern vom Einsturz des Gebäudes suggerierte er dem Publikum eine Explosion, die so nicht stattgefunden haben kann, wie Hubert Zitt im Anschluss beweisen konnte.

Zum Ende seiner Argumentation stellte Zitt sich die einfache Frage: „Wie wahrscheinlich ist es, dass die Regierung ihr eigenes Welthandelszentrum in die Luft sprengt? Und wie konnten die Sprengsätze im Gebäude angebracht werden, ohne dass jemand etwas bemerkt hat?

Ist eine Sprengung des World Trade Centers zumindest nachvollziehbar, wird es bei der nächsten Theorie schon verworrener. Die Kondensstreifen von Flugzeugen, sogenannte Chemtrails, sollen wahlweise Medikamente, gefährliche Gifte oder Impfstoffe enthalten, die großflächig auf die Bevölkerung herabregnen sollen. „Grippewelle durch Chemtrails“ heißt dann auch folgerichtig das Buch eines gewissen Landoo, der nebenbei in den 70er Jahren als Christian Anders mit „Es fährt ein Zug nach Nirgendwo“ einen großen Hit landete.

Doch nicht nur Flugzeuge sind den Verschwörungsgläubigen suspekt – auch die Mondlandung soll es nie gegeben haben. Hubert Zitt bewies mithilfe der Wissenschaft, dass nicht parallel verlaufende Schatten der Fluchtpunktperspektive geschuldet sind, dass fehlende Eichmarken auf den Fotos durch eine Überbelichtung des Filmmaterials zu Stande kamen und dass Menschen sehr wohl die kosmische Strahlung des Van Allen Gürtels überleben können, wenn sie sich – wie die Astronauten – nur kurz darin aufhalten. „Die gemessene Gesamtdosis der Astronauten auf ihrem Flug war neun Millisievert. Ein CT des Brustkorbs belastet den Körper mit 20 Millisievert.“ 400 000 Menschen seien beim Apollo-Programm involviert gewesen. Da sei es unwahrscheinlich, dass eine Verschwörung nicht aufgedeckt wurde, auch nicht von den Russen – so der Referent.

Er nahm sich auch so absurden Theorien wie die der flachen Erde mit wissenschaftlichem Ernst an und widerlegte sie. Zum Ende seiner unterhaltsamen Vorlesung appellierte er mit dem lateinischen Spruch „Sapere aude“ an die Zuhörer – „Wage es, weise zu sein.“

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