Gute Miene zum schlechten Spiel

Langsam wird es Zeit, dass die Party vorbei ist. Der Gastgeber ist müde.

Er möchte einfach nur die leeren Flaschen und Essensreste wegräumen und schlafen gehen. Oder besser, gleich schlafen gehen und das Aufräumen auf den Morgen verschieben. Die Brasilianer waren gute Gastgeber. Sie haben nicht an Geld und Emotionen gespart und für die Party alles andere stehen und liegen gelassen, als gebe es kein Morgen mehr. Mit viel Liebe haben Sie alles dekoriert für die große internationale Fußballparty und 32 Nationen zu sich nach Hause eingeladen.

Gastgeber zu sein, ist eine schöne Rolle. Sie rückt den Gastgeber in ein besonderes Licht. Er kann sich über anerkennende Worte über das Cocktailangebot und den guten Musikgeschmack freuen. Gleichzeitig muss er damit rechnen, dass seine Gäste zu vorgerückter Stunde und mit gestiegenem Alkoholpegel ganz frech die Tür zum Schlafzimmer öffnen oder sich ein altes Fotoalbum herausnehmen und ihre Köpfe grinsend in persönliche Erinnerungen stecken.

Manche Gäste haben leckeren Wein aus Chile oder Argentinien mitgebracht. Den Argentiniern hat man sogar erlaubt, dass sie mit all ihren Freunden zur Party kommen, im Vorgarten zelten und ihren Grill aufbauen dürfen. Auch dass sie alle in T-Shirts zur Party kamen, auf denen die Christus-Statue in ein Messi-Trikot gekleidet ist, fand man okay. Doch, so eine Party folgt meist einer dramaturgischen Kurve, bildet einen emotionalen Spannungsbogen. Und der drohte zum Ende dieser Fußballparty hin deutlich abzusacken. Auch wenn die Brasilianer immer noch gute Miene zum schlechten Spiel machten.

Als man längst schon auf der Couch saß, sich das Gezappel auf der Tanzfläche nur noch von außen ansah, fing der übrig gebliebene harte Kern auch noch an, harte Fragen zu stellen. Ob man denn die deutschen oder die argentinischen Gäste besser leiden könnte, zum Beispiel. Der Gastgeber bewahrt auch in dieser Dämmerstunde sein Lächeln und entscheidet sich wohlwollend mal für den einen, mal für den anderen. Eigentlich wäre er längst einfach nur gerne früher nach Hause gegangen. Aber zu Hause, zu Hause da war er ja schon.

Sabrina Gab, 35, geboren und aufgewachsen in Zweibrücken, reiste ein Jahr um die Welt, bevor sie Rio de Janeiro als neues Zuhause wählte. Dort lebt und arbeitet die ausgebildete Journalistin und Yogalehrerin seit zwei Jahren mit ihrem Partner und dem gemeinsamen Sohn Noah.

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