Karl Manderscheid und die Amicitia 150 Jahre im Dienst der Freundschaft

Zweibrücken · Seit bald 50 Jahren führt Karl Manderscheid die Protokollbücher des Geselligkeits- und Unterhaltungsvereins Amicitia. Er erinnert sich an die Höhepunkte im Vereinsleben.

 Amicitia-Urgestein Karl Manderscheid führt seit bald 50 Jahren das Protokollbuch.

Amicitia-Urgestein Karl Manderscheid führt seit bald 50 Jahren das Protokollbuch.

Foto: Cordula von Waldow

Karl Manderscheid blättert in dem großen, dicken Buch auf seinem Schoß. Es ist das erste von fünf Protokollbüchern aus den Aktivensitzungen der Amicitia, die der 86-jährige Zweibrücker größtenteils selbst beschrieben hat. Das tut er gerne und kennt sich so bestens mit der Geschichte des 150 Jahre alten Vereins aus, dem er seit nunmehr 51 Jahren angehört. 46 Jahren bereits bewahrt der Schriftführer des Geselligkeitsvereins dessen Erbe. Mit dem über 90-jährigen Georg Dorsch aus Schwarzenbach und Harald Rebmann (88), der bereits seit 65 Jahren Amicitianer ist, gehört Karl Manderscheid zu den Urgesteinen. Ähnlich wie der langjährige Vorstizende Alfons Zwick lebt auch er für seine Amicitia.

Gegründet wurde der Freundschafts-Verein im Jahr 1869 von selbstständigen Unternehmern, Handwerkern und Händlern der Stadt. „Sie wollten damit einen Gegenpol setzen, denn Zweibrücken war in dieser Zeit als Garnisonsstadt vorwiegend militärisch geprägt“, erklärt der rüstige Senior. Diese waren, im Gegensatz zu heute, weitaus geringer angesehen als die Offiziere, meist Adlige oder Söhne aus begütertem Hause, die zu dieser Zeit in Zweibrücken den Ton angaben. Deren geselliges Leben war dem Bürgertum verwehrt und so bot die Amicitia eine willkommene Alternative. In den Anfangsjahren standen die Maskenbälle in der Faschingszeit im Mittelpunkt neben dem freundschaftlichen Austausch.

Viel mehr ist darüber nicht bekannt, denn aus Angst vor möglichen Repressalien wurden die Protokollbücher im Zweiten Weltkrieg verbrannt. Danach untersagten die Besatzungsmächte alle Vereine. Da die Amicitia glaubhaft machen konnte, niemals politisch aktiv gewesen zu sein, durfte sie jedoch recht bald ihre Tätigkeit wieder aufnehmen.

Karl Manderscheid, der dem Zweibrücker Geselligkeitsverein 1968 beitrat, erinnert sich gut an die zahlreichen Veranstaltungen, zu denen vielfach prominente Gäste eingeladen wurden. Lange Jahre lud der Verein mit Maskenball, Frühlingsball, Sommernachtsball und Herbstball zu vier Tanzveranstaltungen im Jahr. „Die waren alle gut besucht“, erinnert sich der Rentner.

Mit fast 2000 Besuchern auch bei den allseits beliebten Weinfesten in der Festhalle konnte die Amicitia ein kleines Vermögen aufbauen, von dem der Verein dank sparsamer Führung bis heute zehrt. „Die Leute standen Schlange, um Karten zu bekommen“, beschreibt der Schriftführer die Beliebtheit. Großen Zulauf fanden auch die Nikolausfeiern, die der vor wenigen Jahren verstorbene Paul Krafzig als Nikolaus mit großer Liebe für die Kinder gestaltete. „Einmal waren es 132 Kinder“, findet Karl Manderscheid in seinen Aufzeichnungen.

Besonders schön war das Erlebnis, als es zu schneien begann und der Nikolaus aus dem weiß verzuckerten Fasaneriewald auftrat. In den 1980er Jahren veranstaltete der Geselligkeits- und Unterhaltungsverein beim Stadtfest ein Meerschweinchenrennen.

Zahllose Fahrten und Reisen trugen den Namen Zweibrücken und Amicitia weit über Deutschland hinaus. 2000 Mitglieder waren es in den 1980er Jahren. „Da waren wir mit drei voll besetzten Bussen unterwegs“, weiß der Senior zu berichten. Heute hat der Verein noch rund 300 Mitglieder.

Auch der Vorstand der Aktiven ist von ehemals über 50 auf rund 20 Personen geschrumpft. Nach wie vor sind hier ausschließlich Männer vertreten. „Es besteht die Überlegung, auch Frauen zu motivieren“, nennt Karl Manderscheid einen Schritt in die Zukunft des Vereins. Entsprechend kleiner geworden sind die Reisegruppen. Bälle werden schon lange keine mehr veranstaltet, weil das Interesse der Gesellschaft sich gewandelt hat. Als zahlreiche andere Vereine begannen, Weinfeste auszurichten, stellte die Amicitia ihre Aktivität ein. 2009 wurde zum 140-jährigen Bestehen im Rosengarten eine gelbe Rose auf den Namen Amicitia getauft.

 2009 wurde anlässlich des 140-jährigen Vereinsbestehens im Rosengarten eine Rose Amicitia (Freundschaft) getauft.

2009 wurde anlässlich des 140-jährigen Vereinsbestehens im Rosengarten eine Rose Amicitia (Freundschaft) getauft.

Foto: Cordula von Waldow

Mit dem Frühschoppen jeweils am Ostermontag und am Zweiten Weihnachtsfeiertag lebt die Geselligkeit fort. Beim Freundschaftsabend werden langjährige Mitglieder geehrt und auch sonst stehen freundschaftliche Begegnungen im Mittelpunkt. Sein Bestehen feiert der Verein im Rahmen des Saarländertags am 15. August in der Zweibrücker Innenstadt mit einem großen Musikprogramm.

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