Tickende Bombe im Iran

Meinung · Am Samstag die Inbetriebnahme des ersten Atomkraftwerks, gestern die erste Langstrecken-Drohne aus eigener Entwicklung - zudem als "Botschafter des Todes" getauft. Beruhigend sind die Nachrichten aus dem Iran für den Westen nicht, auch wenn das Regime in Teheran immer wieder die ausschließlich friedliche Nutzung der Kernenergie verspricht

Am Samstag die Inbetriebnahme des ersten Atomkraftwerks, gestern die erste Langstrecken-Drohne aus eigener Entwicklung - zudem als "Botschafter des Todes" getauft. Beruhigend sind die Nachrichten aus dem Iran für den Westen nicht, auch wenn das Regime in Teheran immer wieder die ausschließlich friedliche Nutzung der Kernenergie verspricht. Die Zweifel daran dürften sich nun eher noch verstärken. Denn zur aggressiven Rhetorik von Präsident Ahmadinedschad und zu den Aussagen übergelaufener iranischer Wissenschaftler gesellt sich die Erkenntnis: Der Weg zur Bombe wird für den Iran immer kürzer. Wenn lediglich die Inspektoren der Internationalen Atomenergie-Agentur die nichtmilitärische Nutzung des Kraftwerks garantieren sollen, so ist dies kaum überzeugend. Die lassen sich nach Belieben aussperren. Und bisher fehlt eine schlüssige Antwort aus Teheran auf eine ganz einfache Frage: Warum glaubt der Iran, eines der reichsten Öl-Länder der Welt, ein Atomkraftwerk besitzen zu müssen? Dass hier die vermeintlich zivile Nutzung missbraucht werden soll, liegt auf der Hand. Dass sich die US-Regierung derzeit wieder intensiv um einen Frieden zwischen Israel und den Palästinensern bemüht, ist zwar lobenswert. Doch für eine Stabilisierung des gesamten Nahen Ostens ist diese Problematik eher zweitrangig. Die größte Herausforderung bleibt der unberechenbare Iran mit seiner Unterstützung radikaler islamischer Gruppen, die sich die Vernichtung Israels auf die Fahnen geschrieben haben und keinen Frieden akzeptieren dürften. Das Beispiel Nordkorea zeigt überdeutlich, wie das Gleichgewicht in einer Region erschüttert werden kann, wenn ein "Schurkenstaat" die atomare Option besitzt. Und Teheran scheint sich das von Erfolg gekrönte Streben Pjöngjangs nach der Atombombe als Blaupause genommen zu haben. Die Clinton-Regierung lieferte Nordkorea Zubehör für Leichtwasser-Reaktoren als Teil eines von großer Blauäugigkeit geprägten Abkommens. Es sollte eine nukleare Bewaffnung verhindern - machte sie aber am Ende erst möglich, weil sich das stalinistische Nordkorea nicht an die Absprachen hielt. Nun ist der Iran auf dem besten Weg, diesem schlechten Vorbild zu folgen.Obama und die Partner in der EU täten deshalb gut daran, hier nicht die politischen Prioritäten falsch zu setzen. Und Moskau endlich mit aller Schärfe klarzumachen, dass sein zynisches Doppelspiel - hier enge Wirtschaftskooperation, dort UN-Sanktionsbeschlüsse, die zudem von Moskau stets verwässert werden - unakzeptabel und gefährlich ist.

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