Ein Lorbeerkranz für die Konkurrentin von einst

Washington. Wie zwei ausgelassene Pennäler nach überstandener Abschlussprüfung sitzen sie im Blauen Zimmer des Weißen Hauses, kichern und machen Witze. Mal legt sie ihre Hand auf seinen Arm, mal lehnt er sich vertraulich zu ihr hinüber. "Ich betrachte Hillary als gute Freundin", sagt Barack Obama

Washington. Wie zwei ausgelassene Pennäler nach überstandener Abschlussprüfung sitzen sie im Blauen Zimmer des Weißen Hauses, kichern und machen Witze. Mal legt sie ihre Hand auf seinen Arm, mal lehnt er sich vertraulich zu ihr hinüber. "Ich betrachte Hillary als gute Freundin", sagt Barack Obama. Als "sehr herzlich, sehr eng" beschreibt Hillary Clinton das Verhältnis der beiden Spitzenpolitiker der Demokratischen Partei.Es ist das erste Mal, dass der US-Präsident und seine Außenministerin ein gemeinsames Interview geben, eine sorgfältig inszenierte Harmonie-Übung zur besten Sendezeit. Clinton gehöre zu den besten Außenministern, die die Vereinigten Staaten je gehabt hätten, kommentiert der Staatschef den Abschied seiner Chefdiplomatin. Er werde sie vermissen. Aber er gönne ihr auch, dass sie sich nun für eine gewisse Zeit zurücklehnen könne. Der ungewöhnliche Auftritt, daran zweifelt kaum einer, steht bereits im Zeichen des nächsten Präsidentschafts-Duells. Verstehen lässt er sich nur, wenn man die turbulente Vorgeschichte bedenkt: Im Winter 2008 hatte Clinton, die strauchelnde Favoritin im Rennen ums Weiße Haus, ihrem davonziehenden Kontrahenten wegen vermeintlich schmutziger Tricks zornig zugerufen: "Schämen Sie sich, Barack Obama!" Er wiederum billigte ihr bei einer Kandidaten-Debatte von oben herab zu: "Du bist auch ganz nett, Hillary."

Als die Würfel gefallen waren, fuhr man eigens in das abgelegene Städtchen Unity (Einigkeit) in New Hampshire, um in erzwungen guter Laune Versöhnung zu feiern. Überraschend holte der Sieger die Unterlegene dann in sein Kabinett. Und wenn es seither Differenzen gab, dann trugen beide sie strikt intern aus. Als der Konflikt in Libyen eskalierte, soll es maßgeblich Clinton gewesen sein, die den zaudernden Präsidenten zum Eingreifen gegen Muammar al-Gaddafi drängte. Als das US-Kontingent in Afghanistan vorübergehend aufgestockt wurde, gehörte sie zu den treibenden Kräften - Obama, auf ein baldiges Ende des kostspieligen Einsatzes bedacht, blieb zunächst skeptisch. In der Öffentlichkeit verlor die Ministerin kein Wort darüber. Sobald irgendwo ein Mikrofon angeschaltet wurde, war sie die Loyalität in Person.

Nun revanchiert sich Obama und lässt durchblicken, dass er Clinton als Spitzenbewerberin für die Präsidentschaftswahl 2016 empfiehlt. Explizit festlegen kann er sich nicht, schon wegen seines Stellvertreters Joe Biden, der sich ebenfalls Chancen ausrechnet. Doch allein das Arrangement, ein Talk im Duett, ist eine Steilvorlage. Und Clinton, frisch genesen nach ihrem unglücklichen Sturz im Dezember, nutzt die Gelegenheit: Sie sei froh, schon bald wieder in vollem Tempo agieren zu können. Es klingt nicht nach Vorruhestand.

Dass die 65-Jährige vom alten Kampfgeist nichts eingebüßt hat, bewies sie erst vergangene Woche, als sie republikanischen Senatoren bei einer Anhörung zum Tod des US-Botschafters im libyschen Bengasi robust Kontra bot. In den eigenen Reihen schwimmt sie ohnehin auf einer Welle der Popularität - nicht zuletzt wegen der professionellen Art, mit der sie die Niederlage gegen Obama wegsteckte. Und welchen Respekt die Opposition vor ihr hat, ließ der republikanische Altstratege Newt Gingrich kürzlich mit einem Vergleich zum Finale der amerikanischen Football-Liga erkennen: "Wenn wir 2016 gegen Hillary Clinton antreten müssen, dann ist das, als wollten wir den Super Bowl gewinnen."

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