Neue Zweifel an Hillary Clinton

Washington · Die Parteizentrale der US-Demokraten verschickte am Dienstag eine E-mail an Millionen Sympathisanten, die von der Tonart nicht dramatischer hätte sein können: Es sei "unglaublich" und käme einer Katastrophe gleich, dass neun Wochen vor der Präsidentschaftswahl Donald Trump zu Hillary Clinton in Umfragen aufgeschlossen habe. Deshalb möchten doch die Parteifreunde mit einer Spende Clintons Wahlkampfkasse schnellstens aufbessern.

Traditionell zeigen die Amerikaner seit dem "Labor Day"-Feiertag am Montag größeres Interesse an der Präsidentschaftsentscheidung, und der derzeit wohl wichtigste Fakt wird ihnen dabei nicht verborgen bleiben: Trotz einer von Donald Trump bisher chaotisch geführten Kampagne, trotz massiver Kritik auch aus den Reihen der Republikaner, trotz eines deutlichen Vorteils beim Spendensammeln und einer klaren Antipathie des größten Teils der US-Medien gegenüber dem New Yorker Immobilienjongleur hat es Clinton bisher nicht geschafft, sich deutlich abzusetzen. Sie führt zwar knapp mit einigen Prozentpunkten in wichtigen "Swing States" wie Ohio, Pennsylvania oder North Carolina, wo sich die Wahl am Ende entscheiden kann. Doch das ist, wie die Geschichte zeigt, für den zuletzt disziplinierter auftretenden Trump noch umkehrbar.

Umso mehr gilt dies, weil Wikileaks-Gründer Julian Assange darauf hingewiesen hat, noch mehr "hochinteressante Informationen" über Clinton im Ärmel zu haben, die in den Wochen vor dem 8. November die Schlagzeilen dominieren könnten. Doch es bedurfte noch nicht einmal Wikileaks, um in den letzten Tagen frische Zweifel an der Integrität Clintons zu wecken, die Barack Obama im Wahlkampf 2008 noch als "korrupt" bezeichnet hatte - ein Redeclip, den sich die Republikaner für das Wahlkampffinale aufheben. Die jetzt freigegebenen Unterlagen über das FBI-Verhör der Kandidatin zeigen erstmals den Umfang des Vorsatzes und die Akribie, mit der Clinton und ihre Mitarbeiter gegen die Aufbewahrungspflicht für Dienst-E-Mails verstießen: Selbst Backup-Datenspeicher gingen "verloren", als sich der Kongress für den Inhalt der Mails zu interessieren begann. Ebenso verlor Clinton mehrere Mobil-Telefone mit E-Mails von ihrem privaten Server. Hinzu kommen neue Negativschlagzeilen über eine private Universität, von der sich Bill Clinton als "Berater" zweistellige Millionensummen aufs Privatkonto zahlen ließ. Dafür durfte dann diese auf Profit angelegte Uni zusammen mit staatlichen Non-profit-Bildungsstätten an einem Tisch sitzen, wenn es Regierungstermine während Hillary Clintons Amtszeit gab.

Und dann ist da noch der Vorwurf der mangelnden Transparenz: Fast 300 Tage hat jetzt die Kandidatin keine offizielle Pressekonferenz gegeben - offenbar aus Furcht, eine angreifbare Aussage zu treffen. Wenigstens im neuen größeren Wahlkampfjet dürfen seit dem Wochenende ausgewählte Reporter mitfliegen. Doch als ein TV-Team Clinton an Bord eine Frage stellen wollte, ging auch das gleich schief: Die 68-Jährige erlitt bei einem Antwort-Versuch einen schlimmen Hustenfall. Seitdem gibt es lästige Fragen nach ihrer Gesundheit und Amts-Fitness.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort