Politik hält Paare bei Gendiagnose hin

Berlin. Es war eine gefühlsgeladene Debatte - am Ende stand die begrenzte Zulassung der umstrittenen Präimplantationsdiagnostik (PID). Die Gegner der Gentests an Embryonen aus dem Reagenzglas hatten im Bundestag klar verloren. Das war im Juli 2011. Paradoxerweise hat sich die Lage für Paare, die eine PID machen wollen, seither sogar verschlechtert. Nun kommt das Finale im Streit darüber

Berlin. Es war eine gefühlsgeladene Debatte - am Ende stand die begrenzte Zulassung der umstrittenen Präimplantationsdiagnostik (PID). Die Gegner der Gentests an Embryonen aus dem Reagenzglas hatten im Bundestag klar verloren. Das war im Juli 2011. Paradoxerweise hat sich die Lage für Paare, die eine PID machen wollen, seither sogar verschlechtert. Nun kommt das Finale im Streit darüber.Im Dezember 2011 trat das Gesetz in Kraft - und somit das grundsätzliche Verbot der Methode, für das es aber Ausnahmen geben sollte. Doch für diese Ausnahmen fehlt es bis heute an einer Rechtsverordnung mit der Regelung der Details. Vor dem Gesetz konnten Ärzte nach Richterrecht faktisch zur PID greifen. Als aus dem Ressort von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) im Sommer der Entwurf der Verordnung bekannt wurde, kam es zur Neuauflage des alten Streits um die PID. Für die einen ist die Methode Hilfe für Paare in einer Notlage - für die anderen ein Dammbruch hin zu "Designer-Babys". Am Freitag nun entscheidet der Bundesrat über die 34-seitige Verordnung.

Es soll leichter werden für Paare, die sich ihren Kinderwunsch nur mit Hilfe einer künstlichen Befruchtung erfüllen können, deren Gen-Anlagen aber eine Tot- oder Fehlgeburt oder schwere Krankheit des Kindes wahrscheinlich machen. Embryonen mit Schäden sollen der Mutter nicht eingepflanzt werden. "Für die betroffenen Menschen bedauere ich, dass es so lange dauert", sagt die Parlamentarische Gesundheitsstaatssekretärin Ulrike Flach. Doch die Länder wollen nicht einfach grünes Licht geben. "Der Schutz des ungeborenen Lebens muss oberste Priorität haben", sagt der bayerische Gesundheitsminister Marcel Huber (CSU). Die Möglichkeit zur PID dürfe nur genutzt werden, wenn es zwingend notwendig sei.

Der Gesundheitsausschuss des Bundesrats empfahl bereits, den Verordnungsentwurf in Kernpunkten umzubauen. Da geht es etwa um die Ethikkommissionen, die über jeden Einzelfall entscheiden sollen. Bayern will die Rolle der Mediziner in den entscheidenden Gremien klein halten. Die Länder sollten selbst über die Zusammensetzung entscheiden dürfen. Pro Land solle nur eine Kommission sitzen dürfen, so dass Paare keine Auswahl haben und zur liberalsten gehen könnten. Bayern will, dass die Kommissionen mit Zweidrittelmehrheit entscheiden. Das hieße, dass nichtmedizinische PID-Kritiker am Ende in den Entscheidungsgremien den Paaren die Gentests verwehren können.

Bahrs Ministerium dagegen beharrt darauf, dass es hier um ein medizinisches Ansinnen gehe. Deshalb hat es vorgesehen, dass vier Mediziner in dem siebenköpfigen Gremium sitzen. Auch um die Zahl der Zentren wird noch gerungen. So fordert die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) eine Konzentration auf eine Einrichtung pro Land. Dadurch solle verhindert werden, dass in Deutschland ein von wirtschaftlichen Interessen bestimmter Markt für PID-Leistungen entsteht.

Was passiert jetzt? Pochen die Länder mit Mehrheitsbeschluss am Freitag auf die Änderungen, dann hat der Verordnungsentwurf aus dem Hause Bahr in jetziger Form keine Chance. Die Regierung kann das Ansinnen der Länder aber aufnehmen - sonst kippt die Verordnung und die PID bleibt verboten.

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