Banken im Stress

Frankfurt. Mitten in der Schuldenkrise bekommen sechs deutsche Banken schlechte Noten von der europäischen Bankenaufsicht EBA. Insgesamt fehlen bei diesen Instituten 13,1 Milliarden Euro Kapital für Krisenzeiten, wie die Behörde gestern in London mitteilte

Frankfurt. Mitten in der Schuldenkrise bekommen sechs deutsche Banken schlechte Noten von der europäischen Bankenaufsicht EBA. Insgesamt fehlen bei diesen Instituten 13,1 Milliarden Euro Kapital für Krisenzeiten, wie die Behörde gestern in London mitteilte. Bundesbank und die deutsche Bankenaufsicht Bafin stellten klar: Dass die Summe höher ausfiel als zunächst erwartet, sei vor allem "einer sehr harten Kernkapitaldefinition" geschuldet.Den größten Bedarf hat mit 5,3 Milliarden Euro wie erwartet die stark in den Euro-Schuldenländern engagierte Commerzbank. Wie die Institute die Lücken schließen wollen, sollen sie bis zum 20. Januar bei den nationalen Aufsichtsbehörden erklären. Bis Ende Juni haben sie dann Zeit, diese Pläne umzusetzen. Können sie die Kapitalpuffer nicht aus eigener Kraft verstärken, drohen notfalls Staatshilfen.

Der Deutschen Bank fehlen 3,2 Milliarden Euro, um die geforderte harte Kernkapitalquote von neun Prozent zu erreichen. Kapitalbedarf haben auch die genossenschaftliche DZ Bank (353 Millionen Euro) sowie die Landesbanken Helaba (1,5 Milliarden Euro), Nord-LB (2,5 Milliarden Euro) und West-LB (224 Millionen Euro). Zuletzt hatten sich die Institute optimistisch gezeigt, die Lücken aus eigener Kraft schließen zu können. Auch die bereits teilverstaatlichte Commerzbank will neuerliche Hilfen des Bundes unbedingt vermeiden. Sie will Bilanzrisiken um 30 Milliarden Euro herunterschrauben, Randgeschäfte verkaufen und Gewinne einbehalten. Zudem dürfen einzelne Geschäftsfelder derzeit keine Kredite mehr vergeben. Ein Rückkauf von Hybridanleihen läuft bei der Commerzbank bereits.

Ursprünglich waren die Aufseher von 5,2 Milliarden Euro Kapitalbedarf für Deutschlands Banken ausgegangen. Nachdem die EBA die Kriterien verschärft hatte, war in Finanzkreisen zuletzt ein Wert von zehn Milliarden Euro gehandelt worden. Die EBA ließ letztlich die zumeist schlechten Geschäftsergebnisse aus dem dritten Quartal einfließen, setzte strengere Maßstäbe für Risikoanlagen an und schränkte die Verrechnung von Gewinnen und Verlusten bei Staatsanleihen ein.

Insgesamt fehlen den europäischen Banken 114,7 Milliarden Euro. Besonders hohen Kapitalbedarf haben Krisenländer wie Spanien mit 26,170 Milliarden Euro und Italien mit 15,366 Milliarden Euro. 31 von 65 der größten Banken in Europa (ohne Griechenland) brauchen dringend frisches Kapital. Die größte Kapitallücke der untersuchten Banken hat die spanische Bank Santander mit 15,3 Milliarden Euro. Ein Sonderfall ist Griechenland mit 30 Milliarden Euro Kapitalbedarf.

Bundesbank und Bafin erklärten, teilweise sei der Kapitalbedarf der deutschen Institute bereits gedeckt: So haben die Träger der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) und der Nord-LB längst Maßnahmen zur Kapitalstärkung beschlossen. Diese werden erst Ende 2011 wirksam und wurden von der EBA wegen des Stichtags 30. September nicht anerkannt.

"Der Stresstest hat sein vorrangiges Ziel, Vertrauen in den Märkten zu schaffen, nicht erfüllt", befand der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Öffentlicher Banken (VÖB), Hans Reckers. Ähnlich äußerte sich Michael Kemmer vom Privatbankenverband BdB.

Meinung

Noch mehr Unruhe

Von SZ-RedakteurVolker Meyer zu Tittingdorf

Der Stresstest hat sein Ziel verfehlt. Er sollte Vertrauen aufbauen helfen, stattdessen verursacht er weitere Aufregung. Das Drama um die europäischen Schuldenkrise ist schon groß genug. Unbestritten ist ja, dass die Banken eine bessere Kapitalausstattung brauchen. Aber den Zeitdruck jetzt zu erhöhen, führt nur dazu, dass die Banken irgendwie auf die Schnelle Geld zusammenkratzen und dabei die Kreditvergabe zurückfahren. Die ganze Wirtschaft wird dadurch in Mitleidenschaft gezogen. Ein behutsameres Vorgehen, das sich an bisher vereinbarte Pläne hält (Basel III), wäre besser gewesen.

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