Anrührende Wut: „Phädra“ als Gastspiel in Saarbrücken

Saarbrücken · Das Kooperationsprojekt von Theatern der Großregion hat dem Publikum der Alten Feuerwache am Mittwoch ein beeindruckendes „Phädra“-Gastspiel beschert. Der Star des Abends war die belgische Schauspielerin Marianne Pousseur.

Kein Königsgatte Theseus weit und breit, und auch kein Stiefsohn Hippolytos. Anders als bei Racine und Seneca, deren Version der Tragödie man vor noch nicht allzulanger Zeit am Saarländischen Staatstheater erlebte, gehört dieser Abend in der Alten Feuerwache in Saarbrücken ganz allein ihr: Jener Phädra, die entbrennt und sich verrennt in ihrem unstillbaren Verlangen nach dem jungen Stiefsohn. Der sie abweist und an dem sie sich rächt. In seinem Gedicht "Phädra" (1978), einem langen dramatischen Monolog, gibt der griechische Poet Jannis Ritsos ihrem Begehren Raum und Sprache. Und die Belgierin Marianne Pousseur gibt ihr so wunderbar Gestalt, dass man ihr widerstandslos folgt in die inneren Imaginationen.

Keine blinde Raserei erleben wir, vielmehr einen Menschen, der uns rührt. Jede Geste, jeder Gesichtsausdruck, jede Position im Raum wirken so stimmig, formal durchdacht und natürlich zugleich. Nicht nur bringen sich Spiel und Text hier gegenseitig zur Geltung. Auf eine selten gesehene Weise gehen sie auch eine kongeniale Verbindung mit dem Bühnenbild, vielmehr der Rauminstallation von Eric Bagnoli, der auch Regie führt, ein.

Wie die Stäbe eines Kerkers hängen von der Decke herab blutrot leuchtende Fäden, an deren Ende Tropfen von Eiskegeln auf heißen Platten verdampfen. Wütend wirft diese Phädra Lautabnehmer an schwingende Metallplatten (Klanginstallation von Diederik De Cock): Es sind ihre letzten rasenden Herztöne, die wir hören, bevor sie im Tod schließlich Erlösung findet.

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