Acht Euro Mindestlohn ein Traum

Saarbrücken · Ohne Zuschüsse der Europäischen Union könnten die Landwirte nicht leben. Trotz harter Arbeitsbedingungen, schwankender Preise für Erzeugnisse und geringem Einkommen hängen die meisten Landwirte an ihrem Beruf.

 Der Bliesransbacher Hartungshof gehört zu den großen landwirtschaftlichen Betrieben im Regionalverband Saarbrücken. Unser Archivbild zeigt Tobias Lehmann (im Führerhaus) und Fritz Kurz bei der Haferernte. Foto: Becker & Bredel

Der Bliesransbacher Hartungshof gehört zu den großen landwirtschaftlichen Betrieben im Regionalverband Saarbrücken. Unser Archivbild zeigt Tobias Lehmann (im Führerhaus) und Fritz Kurz bei der Haferernte. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Die Bauern im Saarland und damit auch im Regionalverband müssen 2013 erneut Lohnverzicht üben und kommen im Schnitt nicht einmal mehr auf einen Stundenlohn von acht Euro. Der "ordentliche Arbeitsertrag" eines Haupterwerbsbauern liegt bei 23 892 Euro, und das bei etwa 3000 Arbeitsstunden.

Dies besagt die jüngste Buchführungsstatistik der Landwirtschaftskammer für das Saarland. Im ablaufenden Wirtschaftsjahr ist das Unternehmensergebnis der Betriebe leicht rückläufig. Aufgrund einer deutlich besseren Ernte und gestiegener Produktpreise steigern die Ackerbaubetriebe ihr Ergebnis um fast 50 Prozent. Sinkende Milchleistungen aufgrund der deutlich schlechteren Grassilage-Qualität und teures Kraftfutter drücken die Ergebnisse der Futterbaubetriebe um 16, die der Michviehbetriebe um 13 Prozent. Die Gewinne der Verbundbetriebe steigen um zwölf Prozent.

Wie Hans Lauer, Geschäftsführer des Bauernverbandes Saar, erläutert, gibt es im Saarland etwa 1200 landwirtschaftliche Betriebe, davon 420 Haupterwerbsbetriebe. Im Regionalverband sind es insgesamt etwa 120 Betriebe, davon gut 40 im Haupterwerb. Obersalbach und Bliesransbach sind die bedeutendsten Orte der Landwirtschaft in unserer Gegend. Grob gesagt, erzielen die Bauern ihren Umsatz zu vier Fünfteln aus dem Verkauf ihrer Produkte. Ein Fünftel der Bruttoeinnahmen sind EU-Gelder, insbesondere so genannte Flächenprämien je Hektar.

Unter dem Strich decken die Verkaufserlöse für Milch, Weizen, Mais und was auch immer der Bauer erzeugt, fast genau die Produktionskosten, so dass der durchschnittliche Betrieb am Jahresende quasi null auf null dasteht. Der Betriebsgewinn von brutto etwa 20 Prozent ergibt sich aus dem EU-Geld. Davon muss der Landwirt aber Steuern, Alterskassenbeiträge und Versicherungen bestreiten und Investitionen tätigen. "Die EU-Gelder reichen gerade, um den Betrieb am Leben zu halten", erklärt Lauer und berichtet, dass Jahr für Jahr etwa zwei Prozent der Höfe schließen. Ob ZF oder Bosch - solche Firmen bieten den Söhnen der Bauern oft bessere Aussichten.

Lieber wäre es den Landwirten nach Worten des Geschäftsführers, wenn sie rein unternehmerisch am Markt bestehen könnten. Das sei aber illusorisch, denn Preise für ihre Erzeugnisse würden nicht in Saarbrücken oder Völklingen gemacht, sondern in Kanada für Getreide oder in China für Milch. Zahlungen der EU seien genau genommen eine Förderung des Verbrauchers, dem dadurch eine bezahlbare Versorgung ermöglicht werde. 29 Cent bezahle jeder EU-Bürger am Tag für "seine" Landwirtschaft. Ab 2017 soll es in der EU eine weitere nationale Anpassung der Agrarreform geben.

Ein Bestandteil sind einheitliche Flächenprämien in allen Bundesländern. Das Saarland, das geringere Prämien einstreicht - 266 Euro je Hektar, in Niedersachsen sind es 330 Euro - wird dann gleichgestellt. Allerdings auf einem Niveau, das unter dem heutigen liegt. Das System wird also allenfalls gerechter, nicht großzügiger.

Trotz des mageren Lohns möchten die wenigsten Bauern von ihrer Arbeit lassen. Erstens kann man einen Betrieb, der oft seit Generationen in Familienbesitz ist, schon aus Anhänglichkeit nicht von heute auf morgen aufgeben.

Zweitens macht die harte Arbeit in der Natur glücklich und zufrieden: "Man sieht, was man geleistet hat", schwärmt Richard Schreiner, Präsident der Landwirtschaftskammer und selbst Bauer.

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