Widerstand gegen Mammut-WM

Frankfurt · Der neue Fifa-Präsident Gianni Infantino stößt mit seinem Vorhaben, die Fußball-Weltmeisterschaft von 32 auf 40 Mannschaften aufzustocken, auf immer größere Ablehnung – vor allem in Europa.

Europa sagt "Nein" zur Mammut-WM: Nicht einmal eine Woche nach seinem Aufstieg zum Fifa-Präsidenten muss sich Gianni Infantino mit immer stärker werdendem Widerstand auseinandersetzen. Sein Plan, das Teilnehmerfeld der Fußball-Weltmeisterschaften von 32 auf 40 Mannschaften aufzustocken, mag dem Schweizer in Afrika und Asien Stimmen gebracht haben. Speziell in Deutschland fliegt dem neuen Chef des Weltverbandes Fifa sein Wahlversprechen allerdings um die Ohren.

"Geht zu Lasten der Liga"

"Da halte ich gar nichts von", sagte Christian Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga, während einer Podiumsdiskussion in Mainz: "Das sind immer Entscheidungen, die zu Lasten der Ligen gehen. Das ist nicht gut für die Fußball-Kultur in der ganzen Welt. Und man darf nicht vergessen, dass die WM mit den europäischen Ligen steht und fällt." Reinhard Rauball , Interimspräsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), mahnte in der "Sport Bild": "Die Grenze ist erreicht, eine noch größere Belastung ist den Spielern nicht zumutbar." Der DFB werde "einer solchen Entscheidung nicht zustimmen". Auch Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff meinte: "Das bläht alles noch weiter auf. Wie es jetzt ist, ist es gut." Ähnlich hatten sich in den vergangenen Tagen viele einflussreiche Funktionäre geäußert - die Europäische Club-Vereinigung mit Bayern Münchens Vereinschef Karl-Heinz Rummenigge an der Spitze sogar nur Minuten nach Infantinos Fifa-Wahlsieg am Freitag.

Infantino stockte EM schon auf

Infantino, der als Generalsekretär der Europäischen Fußball-Union (Uefa) schon die umstrittene Aufstockung der EM von 16 auf 24 Mannschaften ab 2016 mit auf den Weg gebracht hatte, ist aber felsenfest von seiner Idee überzeugt. Es würden nur 19 Prozent der Mitglieder des Weltverbandes teilnehmen. "Das ist nicht zu viel", sagte der Schweizer: "Wir würden acht weiteren Ländern die Möglichkeit geben teilzunehmen, aber vielen weiteren die Chance, davon zu träumen."

Tatsächlich scheint die Rechnung auf den ersten Blick gar nicht so kompliziert: Acht Mannschaften mehr könnten letztlich nur ein zusätzliches Gruppenspiel pro Team bedeuten, das Qualifikationsformat müsste sich nicht zwangsläufig ändern. Über den sportlichen Wert lässt sich in den kommenden Jahren kaum objektiv diskutieren. Grundsätzlich rücken aber nicht unbedingt weniger Mannschaften in den Kreis der WM-tauglichen Teams. "Die Organisation ist deutlich schwieriger - auch die Einbindung in den weltweiten Rahmenterminkalender", sagte Rauball: "Aber vor allem: Sportlich wird die WM unattraktiver, die Turnierlänge wird von den Fans als ermüdend empfunden werden. Zudem muss man das höhere Verletzungsrisiko für die Spieler im Auge haben. Insgesamt bin ich der Meinung, die internationalen Verbände blockieren bereits genug Spieltermine. Den nationalen Ligen muss Luft zum Atmen bleiben."

Im Hinterkopf werden alle Beteiligten jedoch die letzte wegweisende Entscheidung des Weltverbandes haben: Im März 2015 segnete das Fifa-Exekutivkomitee die Verlegung der umstrittenen Weltmeisterschaft 2022 in Katar in die Wintermonate ab. Das Turnier findet nun vom 21. November bis zum 18. Dezember 2022 statt. Zuvor hatte es monatelange Diskussionen darüber gegeben - in Europa gab es zur "Winter-WM" vor allem einen Tenor: "Nein."

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