Fußballer mussten noch keine Schienbeinschoner tragen, Rückpässe zum Torhüter waren noch erlaubt. Es gab noch kein Facebook, kein Handy, keine EC-Karte, Privatfernsehen gab es nur mit Gries im Bild.

Damals hatte ich sogar ab und an Angst vor dem TV-Bild. Vor allem wenn Diego Maradona auftauchte. Er war für mich einfach übergroß, er war der Unbezwingbare. Wenn er den Ball hatte, hatte ich die Polyester-Sport-Hose voll. Weil er Pässe spielte, die einfach aussehen, aber genial sind. Pässe, bei denen sich die damalige deutsche Fußball-Generation nahezu ausnahmslos die Füße gebrochen hätte. Und so kam es im Azteken-Stadion in Mexiko, wie es kommen musste: Argentinien führte 2:0, ehe Rummenigge und Völler in der Schlussviertelstunde ausglichen. Doch in Minute 84 bekommt Diego den Ball, passt mit dem linken Fuß in den Lauf von Jorge Burruchaga, der das Leder zum WM-Titel an Schumacher vorbei ins Netz schiebt. Ich weinte bitterlich. Diego jubelte provozierend.

Nur vier Jahre später war ich abgebrühter: wieder WM. Finale. 8. Juli 1990 in Rom. Wieder Maradona. Wieder war er geil drauf. Doch ich wusste: wir auch. Vor allem Guido Buchwald. Ich hatte Respekt, aber keine Angst mehr. Maradona gewann keinen Zweikampf gegen Buchwald und wir das Finale mit 1:0. Buchwald nannten sie danach Diego, Maradona weinte - und mir tat er irgendwie leid. Ich ging direkt nach dem Spiel schlafen. Warum auch immer.

Und heute? 13. Juli, Rio de Janeiro. Die (Fußball-)Welt hat sich halt verändert. Mein Handy streamt Livebilder, Privatfernsehen nervt, und meine EC-Karte hat inzwischen den Dispo-Kredit geheiratet. Und: Ich habe überhaupt keine Angst mehr vor Argentinien . Maradona spielt ja nicht mit. Dafür Messi. Respekt? Auch den haben ich nur bedingt. Zu schwach waren die Argentinier bisher, zu stark wir. Zu lässig hatten wir sie bei der WM 2010 mit 4:0 geschlagen. Und das ohne Buchwald-Typen. Daher bin so zuversichtlich, dass es mir schon wieder Angst macht. Man hat es aber auch nicht einfach mit den Argentiniern.