Auf Jungs, holt den Titel!

Bis zur sportlichen Unsterblichkeit ist es nur noch ein Schritt: Nach den Legenden Fritz Walter, Franz Beckenbauer und Lothar Matthäus will an diesem Sonntag auch Philipp Lahm als vierter deutscher Kapitän den WM-Pokal in die Höhe stemmen. Goldenes Konfetti soll aus dem Abendhimmel von Rio de Janeiro auf die deutschen Helden regnen.

Auch für Joachim Löw wäre es die absolute Krönung und der Aufstieg in den Trainer-Olymp. Die Endstation der Sehnsucht heißt Maracana.

Nach dem Fußball vom anderen Stern im historischen Halbfinale gegen Brasilien (7:1) wäre alles andere als der vierte Stern 24 Jahre nach der "Nacht von Rom" eine bittere Enttäuschung. "Jetzt wollen wir den nächsten Schritt machen. Der vierte Titel muss her", sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach vor dem Finale (21 Uhr/ARD ) gegen Argentinien . Das Spiel wird der italienische Schiedsrichter Nicola Rizzoli leiten, teilte die Fifa am Freitag mit.

Während hierzulande die Euphorie ungeahnte Ausmaße erreicht, geben sich Löw und sein Team 10 000 Kilometer entfernt in Brasilien gelassen. "Wir lassen uns nicht ablenken von äußeren Einflüssen. Es ist wichtig, dass wir unseren Plan umsetzen", sagte Assistenzcoach Hansi Flick vor der Abreise nach Rio. Dies würde nicht bedeuten, "dass wir emotionslos ins Spiel gehen. Wir müssen aber diszipliniert und klug bleiben", sagte Flick.

Auch Löw war kaum anzumerken, dass am Sonntag das bislang größte Spiel seiner achtjährigen Amtszeit als Trainer ansteht. Der 54-Jährige gibt sich stattdessen "fokussiert und entspannt". Sein Augenmerk gilt nur noch einem erfolgreichen Matchplan gegen den südamerikanischen Kontrahenten um Star Lionel Messi .

"Argentinien ist defensiv stark, kompakt, gut organisiert. In der Offensive haben sie überragende Spieler wie Messi und Higuain", sagte Löw über die Gauchos, die wohl auch mit Angel di Maria auflaufen werden. Der 26-Jährige dürfte seine Oberschenkelprobleme überwunden hat.

Zuletzt hatte Deutschland 2002 ein Endspiel erreicht, in Yokohama aber 0:2 gegen Brasilien verloren. "Ich weiß, wie beschissen sich das anfühlt, wenn man verliert", sagte Torjäger Miroslav Klose als einziger "Überlebender" von damals, fügte aber mit breiter Brust an: "Ich bin voller Zuversicht, dass wir einfach dran sind." Klose will nach einer großen Karriere nicht als "Unvollendeter" dastehen. Auch für Spieler wie Lahm (30), Bastian Schweinsteiger , Lukas Podolski oder Per Mertesacker (alle 29) könnte es die letzte Chance auf den großen Wurf mit der Nationalmannschaft sein. Zwar haben gerade die Profis von Bayern München im Vereinsfußball schon alles gewonnen - aber um eine wahrlich goldene Generation zu sein, Legenden auf ewig, dafür fehlt eben dieser größte Titel von allen.

Entsprechend groß ist die Motivation. "Jetzt wollen wir definitiv mehr", sagte Lahm. Klose sprach von einer "großen Chance" , und Mats Hummels von "einem Kindheitstraum", den sich nun alle erfüllen wollen.

Um auch optimal vorbereitet zu sein, zog Löw die Zügel noch mal an. Pressetermine wurden auf das Nötigste zusammengestrichen. Am Donnerstagvormittag hatten die Familien-Angehörigen ein letztes Mal für zwei Stunden Zutritt zum Campo Bahia. Dann wurde bis zur Abreise an die Copacabana alles abgeriegelt - nur keine Ablenkung. Doch ohnehin hat Löw "das Gefühl, dass bei uns alle geerdet und bereit für den letzten Schritt sind".

Bis auf den verletzten Shkodran Mustafi stehen dem Bundestrainer alle Spieler zur Verfügung. Auch Abwehrchef Mats Hummels hat seine Sehnenreizung in der Kniekehle rechtzeitig überwunden. Deshalb ist davon auszugehen, dass gegen Argentinien die Mannschaft auflaufen wird, die schon im Viertelfinale gegen Frankreich (1:0) und gegen den Gastgeber erfolgreich gewesen war. Es ist also angerichtet.

Zum Thema:

Auf einen BlickAlejandro Sabella wird einem Bericht der Sportzeitung "Olé" zufolge nach dem WM-Endspiel sein Amt als Nationaltrainer Argentiniens niederlegen. Das Blatt berief sich am Freitag auf Sabellas Agenten Eugenio López. "Er geht. Was auch immer passiert, Sabella wird die Nationalmannschaft verlassen. Mit oder ohne Titel geht ein Zyklus zu Ende", sagte López, schränkte aber ein: "Er kann seine Meinung ändern, aber im Moment glaube ich es nicht." dpa

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