Keine Hinweise auf Selbstmord von Manfred Amerell

München. Am Ende war es still geworden um Manfred Amerell. Sichtlich ermattet von den jahrelangen Rechtsstreitigkeiten mit dem DFB und Schiedsrichter Michael Kempter hatte sich der ehemalige Sprecher der deutschen Fußball-Schiedsrichter weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Jetzt ist er tot

München. Am Ende war es still geworden um Manfred Amerell. Sichtlich ermattet von den jahrelangen Rechtsstreitigkeiten mit dem DFB und Schiedsrichter Michael Kempter hatte sich der ehemalige Sprecher der deutschen Fußball-Schiedsrichter weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Jetzt ist er tot. Amerells Leichnam war am Dienstag in seiner Münchner Wohnung im Stadtteil Neuhausen gefunden worden und befand sich aufgrund äußerer Umstände in so stark verwestem Zustand, dass erst der Abgleich des Zahnschemas bei einer Obduktion gestern die Identität zweifelsfrei klären konnte. Einem Medienbericht zufolge sollen die Gerichtsmediziner als Todesursache einen Herzinfarkt festgestellt haben. Der Leichnam sei in einem "sehr schlechten Zustand" gewesen, sagte Kriminaldirektor Frank Hellwig. Die Polizei vermutete zunächst, dass Amerell bereits eine Woche tot sei. Die Ermittler verfolgen bisher keine Selbstmord-Theorie und schließen nach einer Obduktion auch Fremdeinwirkung schon aus. "Die Auffindesituation war nicht ungewöhnlich und lässt darauf deuten, dass kein Unfallgeschehen, Fremdverschulden oder Suizid vorliegt", sagte Hellwig über den Tod des 65 Jahre alten Ex-Schiedsrichters. Die Feuerwehr hatte sich nach Hinweisen eines Bekannten Amerells über eine Drehleiter Zugang zur Wohnung verschafft. Der ehemalige Bundesliga-Schiri hinterlässt eine Frau und zwei Töchter. Die Deutsche Fußball-Liga legte zu Beginn ihrer Mitgliederversammlung eine Schweigeminute ein.Mit Amerells Tod endet eine der unangenehmsten Diskussionen, die der Deutsche Fußball-Bund (DFB) in den vergangenen Jahren führen musste. Amerell galt als eine Reizfigur, die auch den Ex-DFB-Boss Theo Zwanziger in Bedrängnis brachte. Monatelang hatten sich Amerell und der frühere Fifa-Schiedsrichter Kempter eine juristische Schlammschlacht geliefert. Am 7. Dezember 2011 endete die Affäre mit einem Vergleich vor dem Oberlandesgericht Stuttgart. Kempter hatte Amerell sexuelle Übergriffe vorgeworfen, später aber seine Aussagen zurückgezogen, er hätte dem 36 Jahre älteren Kollegen klar signalisiert, keine sexuellen Kontakte zu wollen. Amerell hatte die Vorwürfe bestritten.

Seit Beginn des Falls fühlte sich der streitbare Amerell vom DFB diffamiert. Zwanziger nannte er "die größte menschliche Enttäuschung meines Lebens". Der DFB-Boss, der sich früh auf Kempters Seite gestellt hatte, sei rücksichtlos über Leichen gegangen und habe seine Fürsorgepflicht verletzt. "Meine Lebensqualität geht gegen Null. Kein Mensch kann erahnen, was du im seelischen und familiären Bereich aushalten musst", so Amerell. Es sei jetzt seine "Lebensaufgabe", die Scherben zusammenzukehren. In zahlreichen Klagen hatte er immer wieder vergeblich versucht, seinen Ruf zu retten, wirkte dabei aber zeitweise wie ein Besessener auf Rachefeldzug.

Der Fall Amerell/Kempter war 2009 nur der Auslöser des großen Schiedsrichter-Skandals. Viele weitere Affären wie die Ermittlungen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen Top-Schiris hingen damit zusammen. Der Jurist Christoph Schickhardt, der Kempter während des Rechtsstreits vertraten, wollte keine Stellung nehmen.

Seine Aussage "Seit dem 1. Februar 2010 lebe ich nicht mehr, ich existiere nur noch", hatte bereits wie ein Notruf geklungen. Der gelernte Hotelier schottete sich ab, in Fußballstadien tauchte er in nur noch einmal auf - im August besuchte er ein Heimspiel der Münchner Löwen. dpa/sid

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