Eine Hartz-IV-Empfängerin kämpft um die Teilnahme an der WM

Kassel. Auf dem Weg zur Leichtathletik-Weltmeisterschaft im kommenden August in Berlin muss 400-Meter-Läuferin Florence Ekpo-Umoh viele Hürden überwinden. Die 31-Jährige aus Kassel lebt als einzige deutsche Spitzenathletin von Hartz IV und erzieht zwei kleine Kinder weitgehend alleine

 Florence Ekpo-Umoh mit Holly (links) und Jotham. Foto: dpa

Florence Ekpo-Umoh mit Holly (links) und Jotham. Foto: dpa

Kassel. Auf dem Weg zur Leichtathletik-Weltmeisterschaft im kommenden August in Berlin muss 400-Meter-Läuferin Florence Ekpo-Umoh viele Hürden überwinden. Die 31-Jährige aus Kassel lebt als einzige deutsche Spitzenathletin von Hartz IV und erzieht zwei kleine Kinder weitgehend alleine. "Wenn ich es schaffe, unter 51 Sekunden zu laufen, wäre das wie ein Sechser im Lotto", sagt Ekpo-Umoh, die 2008 mit 52,32 drittbeste Deutsche über die Stadionrunde war. Gleichzeitig denkt sie - zermürbt von familiären und finanziellen Problemen - ans Karriere-Ende. Am Dienstagabend kam die gebürtige Nigerianerin mit Holly, 4, und Jotham, 2, nach achtstündiger Zugfahrt in London an. Dort will sie einen Monat bei ihrem Verlobten bleiben und sich nach einem Studienplatz umschauen. "Es ist besser für die Kinder, wenn der Papa auf sie aufpasst", sagt Ekpo-Umoh. Wenn der nach der Nachtschicht heim kommt, geht die Staffel-Europameisterin von 2002 trainieren - nach Plänen von Trainer Eberhard König von ihrem Verein Erfurter LAC. "Das Problem mit ihrer Kinderbetreuung hat sich verschärft", sagt König: "Es ist verdammt schwierig, sich so auf die WM vorzubereiten." Ein Höhentrainingslager des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) in den USA musste Ekpo-Umoh absagen. Bei Hallen-Veranstaltungen im Winter hatte sie die Kinder dabei, unvorstellbar in einer Sportart, wo Athleten vorm Wettkampf kaum ansprechbar sind. Wie 2008 bemüht sich Ekpo-Umoh darum, eine Aufenthaltsgenehmigung für ihre Mutter zu bekommen, die ihr helfen soll. "Sie erhält kein Visum", klagt die deutsche Vize-Meisterin. König berichtet von Problemen, einen Termin bei der Botschaft in Nigeria zu bekommen. Am fehlenden Kindermädchen wäre 2008 fast Ekpo-Umohs Olympia-Teilnahme gescheitert. Freunde nahmen sich Holly und Jotham an. Nicht nur sportlich, auch finanziell kämpft die Leichtathletin, die sich 1995 bei einer Reise der nigerianischen Nationalmannschaft in Stuttgart abgesetzt hat, ums Überleben. Geld, das sie von ihrem Club aus Erfurt bekommt, so ärgert sich König, wird ihr auf ihre staatliche Unterstützung angerechnet: "Das Arbeitsamt hat nicht akzeptiert, dass sie als Leistungssportlerin erhöhte Ausgaben hat." Der DLV kann sie gemäß der Förderrichtlinien nur mit Geld für Trainingsmaßnahmen unterstützen. "Trotzdem", sagt König, "hat Florence den Ehrgeiz, die WM-Teilnahme zu schaffen. Ich hoffe, dass wir es hinkriegen, dass sie im Mai mit ins Trainingslager nach Kienbaum kann". Ekpo-Umoh, von 2003 bis 2005 Doping-gesperrt, verweist darauf, dass sie es trotz Sperre und Babypause geschafft hat, von 86 auf 68 Kilogramm abzuspecken und zurück an die deutsche Spitze zu rennen. In London will sie nun einen Weg finden, wie es weitergehen soll: "Wenn ich die Kinder, Studium und Training nicht schaffe, dann höre ich auf mit dem Sport." dpa

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