Ein Rücktritt in „völliger Harmonie“

München · Philipp Lahm beendet nach dem Gewinn des WM-Titels seine Karriere in der Nationalmannschaft. Die Entscheidung traf er schon vor dem Turnier mit dem glorreichen Ende. Sogar die Bundeskanzlerin äußert sich.

Die fußballbegeisterte Kanzlerin zollte Respekt, aber nur der Bundestrainer wusste Bescheid: Mit seinem Rücktritt aus der Nationalelf hat Philipp Lahm nur fünf Tage nach dem WM-Triumph in Brasilien ganz Fußball-Deutschland überrascht. "Er war in den zehn Jahren bei der Nationalmannschaft nicht nur ein herausragender Spieler, sondern immer ein absolutes Vorbild. Ich habe ihm für all das gedankt, was er für den DFB geleistet hat", sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, nachdem Nationalmannschaftskapitän Lahm ihn am Freitag von seinem unerwarteten Entschluss unterrichtet hatte. Es sei aussichtslos, ihm die Entscheidung ausreden zu wollen, so Niersbach.

Der DFB-Präsident stellte Lahm aber einen 114. Länderspiel-Einsatz am 3. September in Düsseldorf gegen Argentinien in Aussicht. Das müsse der Bundestrainer entscheiden, sagte Niersbach: "Wir sind es Philipp vom DFB schuldig, ihm nach diesen zehn tollen Jahren in der Nationalmannschaft einen Superabschied zu bereiten." Der Rücktritt aus der DFB-Elf mache ihn "ein Stück traurig", bekannte Niersbach.

Weltmeister-Coach Joachim Löw wusste als einziger seit dem Rückflug am Montag Bescheid, dass sein erst 30 Jahre alter Kapitän nach 113 Länderspielen im DFB-Team nicht weitermacht. "Er ist ein Musterprofi, der alles dem Erfolg unterordnet", lobte Löw den "Weltklassespieler", den er bei der WM erst als "Sechser" im defensiven Mittelfeld und in den entscheidenden Spielen als Rechtsverteidiger eingesetzt hat. "Mit dem WM-Titelgewinn habe er seine "herausragende Laufbahn gekrönt." Eine "große Persönlichkeit" nannte DFB-Teamchef Oliver Bierhoff den Musterprofi. "Er ist ein absolutes Vorbild, als Fußballer wie als Mensch. Bei der Nationalmannschaft konnten wir uns immer hundertprozentig auf ihn verlassen."

Kanzlerin Angela Merkel, die beim WM-Finale in Rio als Edelfan dabei war, würdigte vor allem den Führungsspieler Lahm. "Weltmeister zu werden im Fußball ist sicherlich eine Mannschaftsleistung, aber der Kapitän hat damit auch etwas zu tun", betonte die Regierungschefin. Und nutzte zugleich die Gelegenheit, "ihm meinen großen Respekt auszusprechen für das, was er für die Nationalmannschaft getan hat". Fifa-Chef Joseph Blatter twitterte: "Lahm ist ein Vorbild & seine brillante Karriere wird nach seinem DFB-Rücktritt weitergehen." Via "Facebook" erklärte Mit-Weltmeister Lukas Podolski : "Philipp, es war mir eine Ehre mit Dir zehn Jahre beim DFB und drei Jahre für Bayern München zu fighten, spielen und Erfolge zu feiern."

Viele erfolgreiche Ex-Nationalspieler äußerten Verständnis für den Rücktritt auf dem WM-Gipfel. "Na ja, er hat jetzt den WM-Titel. Mehr kann er als Fußballer ja nicht erreichen", meinte Fußball-Idol Uwe Seeler. "Mehr geht halt nicht", stimmte ihm der frühere Torjäger und DFB-Teamchef Rudi Völler zu. "Es gibt kaum einen besseren Abschied als als Weltmeister ", befand auch Karl-Heinz Rummenigge. Der Rücktritt von Philipp Lahm kommt überraschend. 30 Jahre jung, Weltmeister , der beste Rechtsverteidiger der Welt - Lahm hätte locker die EM 2016 in Frankreich spielen können. Er hätte diesen EM-Titel ins Visier nehmen können, der ihm in seiner Sammlung noch fehlt. Doch Lahm ist kein Sammler. Er will auf dem Höhepunkt seiner Karriere abtreten. Das schaffen die Wenigsten. Daher Respekt dafür. Doch noch ist ja nicht aller Tage Abend. Wenn 2016 ein Rechtsverteidiger fehlt und ganz Deutschland nach Lahm ruft, wird sich zeigen, wie konsequent sein Rücktritt wirklich ist.

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