Das schwarze Jahr der Roten
Hockenheim · Die beiden letzten Formel-1-Rennen in Hockenheim gewann Ferrari. In diesem Jahr brauchen die Italiener aber wohl keinen Sieges-Champagner zu kaufen. Bei der Konstruktion des Autos unterlief ein Fehler.
Am Donnerstagabend hatten Fernando Alonso und Kimi Räikkönen mal wieder richtig Spaß. Bei einem Kart-Rennen gegen Journalisten duellierten sich die Ferrari-Piloten über viele Runden, fuhren sich gegenseitig in die Kisten - und schoben sich von der Strecke. Im Ziel grinsten beide übers ganze Gesicht. Allerdings - wenn man bösartig ist, könnte man auch sagen: Nicht mal dieses Rennen gewann Ferrari . Denn am Schluss war ein spanischer Journalist Erster.
Hockenheim und Ferrari - eigentlich passt das ja. Bei den beiden letzten Rennen im Badischen triumphierte Alonso. Doch nicht mal der Spanier rechnet an diesem Sonntag (14 Uhr/RTL) mit einem weiteren Erfolg: "Wir haben hier ein sehr schwieriges Wochenende vor uns. Es wird heiß, wir müssen mit den weichen und superweichen Reifen fahren - da sahen wir zuletzt nicht gut aus."
Und nicht nur da. Es ist ein Jahr zum Vergessen für die Scuderia. Noch kein Sieg, bislang nur ein Podestplatz. 220 Punkte Rückstand in der WM-Wertung auf Mercedes. Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo sah schon früh rot. Im April musste Teamchef Stefano Domenicali gehen. Doch besser wurde es danach nicht. Im Gegenteil. In der ganzen Saison sorgte Ferrari nur für einen Kracher - in die Leitplanken. In Silverstone vor 14 Tagen knallte Räikkönen mit hohem Tempo in die Streckenbegrenzung. Danach humpelte er davon. Ein Bild mit Symbolcharakter. Eigentlich wollte Ferrari 2014 an die WM-Spitze stürmen, doch stattdessen geht das Team am Stock.
"Alles wieder okay", gab Räikkönen in Hockenheim gewohnt wortkarg zu Protokoll. Für Ferrari gilt das nicht. "Wir haben ein paar neue Teile am Auto , ich hoffe, dass uns die helfen", sagt Alonso. Dennoch gibt er sich keinen Träumen hin. "Es ist unmöglich, dass wir den technischen Rückstand auf Mercedes dieses Jahr aufholen. Ich hoffe, wir können die Lücke zu Red Bull schließen." Zumal auch Gefahr von hinten droht. Williams, Force India und McLaren sind in Schlagdistanz.
Das Problem: Nachdem die Schwachstelle der vergangenen Jahre, die Aerodynamik, nach der Verpflichtung von Lotus-Konstrukteur James Allison behoben wurde, ist nun der Antrieb das Sorgenkind. Der Ferrari-Sechszylinder selbst ist zwar gut, doch beim Hybridsystem, das die Abgaswärme in zusätzliche PS umwandelt, hapert es. Ähnlich wie Renault hat sich Ferrari entschieden, die Komponenten des komplizierten Systems an einem Ort zu konzentrieren. Das sorgt für Kühlprobleme - und Leistungsverluste. Mercedes hat sie gesplittet. Die Folge: Die Mercedes sind auf den Geraden bis zu 15 Stundenkilometer schneller.
Seine WM-Ambitionen hat Alonso längst begraben. Spekulationen um einen Wechsel zu einem anderen Team weist er aber zurück: "Ich habe mit keinem anderen Team gesprochen, und das hat auch keine Priorität." Dafür könnte es bald eine Verstärkung geben. Ferrari versucht offenbar, den früheren Technikchef Ross Brawn, bis zum Herbst Teamchef bei Mercedes, zurückzuholen. Damit bei den Roten endlich wieder goldene Zeiten anbrechen.