Die Formel Abstieg

Jerez de la Frontera · Die Formel 1 scheint sich in einer gefährlichen Abwärtsspirale zu befinden. Die mögliche Streichung des Heim-Rennens für Mercedes, Nico Rosberg, Sebastian Vettel & Co. in Deutschland ist ein weiterer Beleg dafür.

Teams und Rennstrecken-Betreiber, die ums wirtschaftliche Überleben kämpfen. Verwaiste Zuschauerränge. Sinkende Einschaltquoten. Immer wieder Diskussionen um die Regeln. Zu leise Motoren, zu wenig PS. Die Formel 1 befindet sich in einer gefährlichen Abwärtsspirale - obwohl die vergangene Saison Rennsport vom Feinsten bot. In diesem Jahr kommt der Team-Weltmeister mit Mercedes aus Deutschland , Nico Rosberg wird im Silberpfeil-Duell mit Champion Lewis Hamilton wieder um den Titel kämpfen, und Sebastian Vettel will seine neue Ära bei Ferrari einläuten. Dass trotzdem die Absage des Deutschland-Rennens droht, ist ein weiteres Symptom der seit längerem kränkelnden Motorsport-Königsklasse.

Was ist los mit den Zuschauern auf den deutschen Strecken?

Auf den Hockenheimring kamen im vergangenen Jahr am Renntag gerade einmal etwas mehr als 40 000 Besucher. Zu besten Zeiten von Michael Schumacher strömten mehr als doppelt so viele Fans an die Strecken in Deutschland .

Konnte Sebastian Vettel in Deutschland keinen Boom auslösen?

Nicht so wie seinerzeit Schumacher. Daran änderten auch seine vier WM-Titel mit Red Bull nichts. Er war nicht der erste Deutsche, dem dies gelungen ist. Und der Rennstall mit dem Getränke-Unternehmen Red Bull im Hintergrund polarisiert deutlich mehr, als Ferrari die Menschen weltweit fasziniert. Mit seinem Wechsel zur Scuderia könnte Vettel das Interesse wieder steigern.

Warum sind die Zuschauerzahlen wichtig für die Streckenbetreiber?

Weil sie praktisch die einzige Einnahmequelle sind. Um die Formel 1 überhaupt in ein Land oder auf eine Strecke zu holen, bezahlen die Betreiber Millionensummen. Sie können von Land zu Land auch stark abweichen und bei 40 Millionen Dollar (35 Millionen Euro) liegen. Also müssen die Streckenbetreiber das Geld über die Eintrittspreise versuchen hereinzuholen. Ein Teufelskreis.

Welche Indizien für das generell sinkende Interesse gibt es?

Die Suche nach Sponsoren wird für die Teams immer schwerer. Beispiel Sauber: Auf dem neuen Wagen prangen kaum Logos von Geldgebern. Teams wie Manor, Nachfolger von Marussia, und Caterham kämpfen mit mehr oder weniger Hoffnung und Erfolg um ihre Existenz. Die Vip-Quote bei vielen Rennen hält sich mittlerweile auch sehr stark in Grenzen. Die Strahlkraft der Formel 1 geht eindeutig verloren.

Woran liegt das in manchen Teilen generell sinkende Interesse?

Auch wenn die Autos höchst modern sind, hinkt die Königsklasse in anderen Bereichen hinterher. Beispiel soziale Medien: "Ich habe kein Interesse am Tweeten, an Facebook und was immer dieser Unsinn auch ist", sagte Formel-1-Geschäftsführer Bernie Ecclestone in einem Interview im vergangenen November. Entsprechend ungenutzt lässt die Formel 1 diese Kanäle, um jüngere Leute zu erreichen. Die Formel 1 will ihren exklusiven Status wahren.

Will die Formel 1 also gar keine jüngeren Menschen erreichen?

Ecclestone hat auch dazu eine sehr eigene Meinung: Die meisten Kids hätten gar nicht genug Geld, um sich manche Marken zu leisten. Ecclestones Schlussfolgerung: "Ich ziehe den 70-Jährigen mit viel Geld vor."

Entscheidet Ecclestone letztlich, ob in diesem Jahr kein Rennen in Deutschland stattfindet?

Ja, er kontrolliert seit fast 40 Jahren die Vermarktung der Formel 1 . Er führt die Verhandlungen mit den Streckenbetreibern. Er kam dem Hockenheimring auch schon einmal entgegen, als es um die Zukunft auf dem badischen Kurs ging.

Warum sorgte er mit einem Fax, der angeblichen Absage und nachher abgeschwächten Aussagen für so große Verwirrung um das Deutschland-Rennen?

Mal so, mal so - das ist nicht ungewöhnlich für ihn. Vor allem, wenn er verhandelt. So kann er öffentlich Druck ausüben.

Zum Thema:

HintergrundDer Formel-1-Rennstall Manor will am 19. Februar sein Insolvenzverfahren beenden und beim Auftaktrennen der neuen Saison in Australien starten. Das kündigten die Insolvenzverwalter des Nachfolge-Teams von Marussia gestern an. Vermutet wird, dass die Wende für den schon abgeschriebenen Rennstall durch die Zahlung der Preisgelder der Saison 2014 erfolgte. Marussia standen demnach bis zu 40 Millionen Euro zu. Manor fühlte sich als Inhaber der ehemaligen Marussia-Rennlizenz im Recht, Anspruch auf dieses Geld zu erheben. Gegen Marussia war Ende Oktober das Insolvenzverfahren eröffnet worden. dpa

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