Zur Beichte zum Protz-Bischof

Ja, was sollen wir denn nun mit Stefan Kießling machen? Der Stürmer des Fußball-Bundesligisten Bayer Leverkusen hatte angeblich nicht gesehen, dass sein Kopfball-Phantom-Tor zum 2:0 bei 1899 Hoffenheim gar nicht wirklich drin war. Na, so ein Mist.



Müssen wir Kießling jetzt zum Augenarzt schicken? Zur Beichte, vielleicht beim Limburger Protz-Bischof? Oder müsste der Angreifer eher an einen Lügendetektor angeschlossen werden?

Ganz Fußball-Deutschland hat die Szene mittlerweile gesehen. Wie der Ball durch ein Loch im Netz ins Tor flog. Wie der Stürmer hinschaut, sich an den Kopf greift. Wie man sich bei einer vergebenen Chance eben das Haupt hält. Dann kommt ein Mitspieler. Kießling hebt die Arme. Zaghaft, fast widerwillig jubeln die Leverkusener dann.

Aber echte, ehrliche Freude kommt anders daher. Das hier sah eher so aus, wie wenn Spieler auf Verdacht einfach mal den Arm heben und hoffen, dass der Linienrichter auf Abseits entscheidet. Oder auf gut Glück weiterspielen, auch wenn die Szene abgepfiffen ist oder der Ball im Aus ist. Und gegen diesen Verdacht konnte jetzt auch Kießlings Stellungnahme auf der Internetseite des Vereins wenig ausrichten. Er habe "es nicht genau gesehen, ob der Ball korrekt ins Tor gegangen ist oder nicht", schreibt er da.

Dabei mögen wir Kießling doch. Er schießt schöne Tore. Viele. Und wird nicht von Jogi Löw erkoren. Das verstehen wir nicht. Unverständlich ist aber auch, dass er durch diese Aktion eine Chance verpasst hat, noch sympathischer zu werden. Eine Gelegenheit, größer als jeder Abstauber aus zwei Metern.

Dass es auch anders geht, zeigen Beispiele wie Marius Ebbers oder Miroslav Klose. Der Ex-Homburger Klose erhielt den italienischen Fairplay-Preis, weil er beim 0:3 von Lazio Rom gegen den SSC Neapel zugab, einen Treffer mit der Hand erzielt zu haben. Schon 2005 hatte sich der damals für Bremen spielende Klose geweigert, einen Elfmeter gegen Arminia Bielefeld anzunehmen, der nicht gerechtfertigt war. Und Ebbers hatte im Trikot des FC St. Pauli ebenfalls bekannt, bei einem Tor mit Hand und Kopf drangewesen zu sein. Beim Stand von 1:1 gegen Union Berlin. Im Aufstiegskampf. Kurz vor Schluss. Hut ab!

Nein, urteilen möchten wir nicht über Kießling. Vielleicht hat er es wirklich nicht gesehen. Allein: Der Glaube fehlt uns.

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