Wenn der schlimmste Alptraum wahr wird

Saarlouis · Was geht in einer Mutter vor, deren Kind nach der Geburt vertauscht wurde? Genau das passierte Jeannine Klos 2007 in einem Saarlouiser Krankenhaus. Der Fall machte bundesweit Schlagzeilen. Jetzt hat sie ihre Geschichte zusammen mit der Autorin Anne Pütz zu einem Buch verarbeitet.

 Das Buch erscheint am Freitag. Foto: Verlag Bastei-Lübbe

Das Buch erscheint am Freitag. Foto: Verlag Bastei-Lübbe

Foto: Verlag Bastei-Lübbe
 Die Geschichte um ihr Baby, das 2007 in Saarlouis mit einem anderen vertauscht wurde, packte Jeannine Klos (links) mit Autorin Anne Pütz in ein hochemotionales Buch. Foto: Johannes A. Bodwing

Die Geschichte um ihr Baby, das 2007 in Saarlouis mit einem anderen vertauscht wurde, packte Jeannine Klos (links) mit Autorin Anne Pütz in ein hochemotionales Buch. Foto: Johannes A. Bodwing

Foto: Johannes A. Bodwing

Zwei Frauen sitzen nebeneinander in einem Café der Saarlouiser Altstadt. Wie zwei Freundinnen bei einer Pause vom Stadtbummel. Der Blick geht nach links zu Jeannine Klos, 1973 in Saarlouis geboren, dunkelhaarig und in blauer Bluse. Nichts weist auf den Albtraum hin, den sie vor rund sechs Jahren durchmachte. Mit einem Lächeln sitzt sie da, unbeschwert und offen. Aber auch mit einer guten Portion Selbstkritik.

Letzteres war ein wesentlicher Grund für Klos, die Geschichte über ihr 2007 vertauschtes Baby in Buchform zu packen: "Ich wollte das für mich klar bekommen, und auch für meine Tochter festhalten. Es gab nämlich Sachen, die hatte ich bereits vergessen, anderes war in meiner Erinnerung schon verändert."

Begonnen hatte das Buchprojekt vor eineinhalb Jahren. Da war die aus Beaumarais stammende Autorin Anne Pütz auf der Bildfläche erschienen. Eine Reportage über die vertauschten Babys wollte sie machen. Dann stellte sich heraus, man war im selben Abiturjahrgang am Robert-Schuman-Gymnasium in Saarlouis. "Angeblich im selben Mathekurs", sagt Pütz. Das stärkte die Vertrauensbasis, und auch, dass sie selbst Mutter einer Tochter ist.

Während des Gespräches zur Reportage habe Klos gemeint, das sei Stoff für ein ganzes Buch. "Da habe ich sie gleich beim Wort genommen", erinnert sich Pütz. Und dann ging es schnell: Die Agentin von Pütz reichte Textproben ein, ein großer Verlag interessierte sich, im März 2012 ging es los, und schon am 30. November 2012 sollte das Manuskript stehen.

Auf etwa 90 Karteikarten notierte Pütz wichtige Inhalte. Die pinnte sie in Berlin an ihre Zimmerwand, brachte sie in eine passende Abfolge und schrieb die Buchtexte. Mit rundem Babybauch und der Angst vor einer Verwechslung fängt das Buch an, mit der Taufe der Tochter endet es. Denn damit hatte die Mutter das Geschehen für sich selbst abgeschlossen, berichtet sie. Trotzdem sei bei den Gesprächen die eine oder andere Träne gekullert, bei beiden. Für das Buch kam ´Pütz mal von ihrem Wohnort Berlin ins Saarland, mal nahm Klos den umgekehrten Weg. "Wir haben uns dort eingesperrt und sind alles durchgegangen", erzählt Klos. "Meine Familie war ein bisschen skeptisch, mein Mann und mein Freundeskreis hingegen fanden die Sache gut." Das Buch sei keine Abrechnung, betont sie. Durch Zufall arbeitet sie inzwischen als medizinisch-technische Assistentin im Labor sogar genau dieses Krankenhauses. "Ich weiß also, was da für ein Stress sein kann. Aber ich würde für eine Geburt wieder dorthin gehen." Denn durch ihren Fall hätten sich die Sicherheitsvorkehrungen in Krankenhäusern verbessert.

"Uns geht es nicht um die Schuldfrage", meint Pütz, "sondern um die Gefühlslage einer Mutter, der so etwas passiert ist". Klos will damit auch anderen Frauen Mut machen, auf die eigenen Gefühle zu vertrauen. Denn dass ihr Kind vertauscht werde, das habe sie bereits vor der Geburt beunruhigt. Als es aber wirklich passierte, waren die Beschwichtigungen des Umfeldes stärker als die eigenen Zweifel.

"Übermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde" erscheint am Freitag, 16. August, im Verlag Bastei-Lübbe, 267 Seiten, für 8,99 Euro.

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