Von Sebastian Theis bis Peter Pickl

Völklingen. Das wäre eine angemessen schwere Millionenfrage im TV-Quiz von Günter Jauch: Wie oft im Jahr geht der Völklinger, statistisch gesehen, ins Kino? A: 25,5 Mal. B: 11,1 Mal. C: 2,5 Mal. D: 0,57 Mal. Alle Antworten sind richtig

Völklingen. Das wäre eine angemessen schwere Millionenfrage im TV-Quiz von Günter Jauch: Wie oft im Jahr geht der Völklinger, statistisch gesehen, ins Kino? A: 25,5 Mal. B: 11,1 Mal. C: 2,5 Mal. D: 0,57 Mal. Alle Antworten sind richtig. Sie gelten nacheinander für das Jahr 1957, als es außer Kino kaum ein erschwingliches Amüsement gab; für 1959, als die D-Mark und das Fernsehgerät kamen; für ein beliebiges, durchschnittlich erfolgreiches Kino-Jahr in den 1970ern und 1980ern; und schließlich für 2005, den mutmaßlichen Tiefpunkt (nicht nur) der Völklinger Kino-Geschichte.Das Residenz-Kino in der Karl-Janssen-Straße abzuschreiben wäre aber ungerecht. Wie ein verwundeter Held aus einem Western rappelt es sich, mittlerweile im 56. Lebensjahr, wieder auf. Dieser Tage war so ein Aufstehen wieder einmal zu erleben: Nach acht Monaten Leerstand fand der 85-jährige Haus- und Kinobesitzer Günther Theis, der die eingangs aufgeführten Besucherzahlen zusammentrug, endlich wieder einen Pächter, den 48-jährigen Peter Pickl.

Der Neue legte begeistert los

Enthusiastisch kniete sich der "Einzelkämpfer" aus Oberfranken in die Wiederbelebung des Hauses. Er beklagte aber schon am Premierenabend des "Hobbit", das riesige Gebäude verschlinge derart viel Energie, dass womöglich nur volle Säle eine rentable Bewirtschaftung ermöglichen. Die Zukunft des Kinos hängt wohl maßgeblich davon ab, ob die Völklinger es annehmen. Schon Pickls Vorgänger Michael Pirrung (2000 bis 2006) und Irene Holbach (2008 bis 2012) hielten sich trotz besten Willens nicht dauerhaft in der Mittelstadt.

Eröffnet wurde das "Residenz" am 4. Oktober 1957 mit dem Farbfilm "Casino" mit Caterina Valente, Grethe Weiser und Gilbert Bécaud. Der Mercedes unter den damals noch sechs Völklinger Kinos hatte 40 Millionen französische Francs gekostet und war vom renommierten Düsseldorfer Architekten Hanns Rüttgers geplant worden. Die Bauzeit betrug über anderthalb Jahre. Der große Saal verfügte über 712 Plätze (heute sind es 160). Der Kinobesuch war damals ein gesellschaftliches Ereignis, zu dem man sich schön anzog wie für Oper und Theater.

Bauherr und Betreiber war Günther Theis' 1888 geborener Vater Sebastian Theis, ein weitsichtiger Pionier des Kinos an der Saar, der bereits 1910 (!) in der Völklinger Moltkestraße das erste stationäre Lichtspielhaus eröffnet hatte. Bis dahin waren die Aufführungen das Geschäft von "Wanderkino"-Betreibern gewesen, die Wirtshaussäle mieteten. Sebastian Theis hatte schon ab 1916 den Bau des großen Residenz-Kinos geplant, wurde aber durch rechtliche Hemmnisse und Kriege mehrfach gebremst.

Ab 1964 führten Günther Theis und seine Frau Inge das "Residenz" und passten es den die wechselnden Verlangen des Publikums an. So folgte ab 1980 der Umbau in kleinere Säle. Ab 1983 war es das letzte und einzige Kino in der Stadt. Bereits 1974 hatte das Ehepaar Theis sein Geschäft an Kurt Haas aus Illingen verpachtet, 1980 auch an dessen Sohn Peter Haas. Dieser betrieb es bis 1999.

Das Ehepaar Günther und Inge Theis hat die saarländische Kinokultur nachhaltig geprägt, etwa, als es das "Camera" in Saarbrücken gründete. Bis heute verfolgen sie das Geschehen als engagierte Lobbyisten.

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