Von der Kunst des KaffeeröstensWie Kaffee-Trinker in anderen Ländern genießen

Sie kommen aus 30 unterschiedlichen Ländern wie Indonesien, Brasilien, Mexiko oder Ähtiopien ins Saarland. Nach einem Zwischenstopp in Hamburg, Barcelona oder Antwerpen landen sie im Gewerbegebiet in Weiskirchen in der Rösterei von Pauli Michels: Kaffeebohnen. Der 50-jährige Kaffeeröstermeister zaubert aus den grünen Bohnen aromatisches "braunes Gold"

Sie kommen aus 30 unterschiedlichen Ländern wie Indonesien, Brasilien, Mexiko oder Ähtiopien ins Saarland. Nach einem Zwischenstopp in Hamburg, Barcelona oder Antwerpen landen sie im Gewerbegebiet in Weiskirchen in der Rösterei von Pauli Michels: Kaffeebohnen. Der 50-jährige Kaffeeröstermeister zaubert aus den grünen Bohnen aromatisches "braunes Gold". Ein besonderes Prachtstück: die Jamaika Blue Mountain. "Sie ist der Champagner unter den Kaffeebohnen", erklärt Michels bei einem Rundgang durch seinen Betrieb. Ihr Heimatland sei Indonesien, genauer gesagt die Insel Kopi. Für das Kilo zahle der Kaffeeliebhaber 200 Euro.Bereits im Lagerraum vernimmt man die Geräusche der zwei großen Röstmaschinen. An diesem Morgen laufen sie auf Hochtouren. Ihre großen Trommeln drehen sich gleichmäßig. Durch ein kleines Fenster sieht man die Kaffeebohnen vorbeitanzen. Zwischen den Maschinen steht Marcel Bohlmann, den Michels zum Röster ausbildet. "Das Rösten ist eine Kunst", erklärt Michels. Man könne es zwar lernen, eine geregelte Ausbildung existiere jedoch nicht. Nachdem man eine gewisse Zeit als Röster gearbeitet habe, gebe es die Möglichkeit, die entsprechenden Prüfungen abzulegen.

Gerade öffnet Bohlmann eine Trommel, und braune Bohnen rasseln in einen Bottich. Ein Rechen wendet die schokoladenfarbenen Bohnen, damit sie abkühlen. Über ein Rohr wird die heiße Luft abgesaugt. Nach Kaffee riecht es jedoch nicht: "Sie entfalten erst ihren Geruch, wenn sie abgekühlt sind", erklärt Pauli Michels. Das heißt nicht, dass sie vorher geruchlos sind: Grün und ungeröstet erinnern sie an Gras, je trockener sie sind auch an Heu oder Stroh. Während des Röstvorgangs entwickeln sie einen Geruch wie gebackenes Brot, später riechen sie nach Nüssen.

Mit dem so genannten Probenzieher, einer rohrförmigen Schaufel, kann man während des Röstvorgangs den Trommeln ein paar Bohnen entnehmen. Kritisch prüft der Röstermeister ihren Zustand: "Nach zehn Minuten kontrolliere ich sie jede Minute, gegen Ende alle paar Sekunden", erklärt er. Jede Röstung steht unter strenger Beobachtung des Meisters. Auf einmal ertönt ein Surren, dass immer lauter wird. Marcel Bohlmann steht zwischen den Maschinen und öffnet eine kleine Luke an der einen Trommel. In der Hand hält er ein Art Staubsaugerrohr und schiebt es ein Stück weit in die rotierende Maschine hinein. Macht das den Kaffee besser? Nein, so werden nur die kleinen Silberhäutchen - Schutzhüllen der Bohnen, die sich bei Hitze lösen - abgesaugt. Die Brandgefahr wird dadurch verringert, denn die Silberhäutchen sind leicht entflammbar. Immerhin herrschen in den Maschinen bis zu 230 Grad Celsius. Auf den Geschmack habe das Absaugen keine Auswirkungen.

"Noch drei bis vier Minuten. Dann sind sie fertig." Der Chef begutachtet die Bohnen im Probenzieher und schiebt sie zurück in die Trommel. Eine genaue Zeitangabe, wann die Bohnen fertig sind, gebe es nicht. Das müsse ein Röstermeister im Gefühl haben. "Die Ohren und die Augen sind sehr wichtig für diesen Beruf." Denn mit diesen beiden Sinnesorganen - nicht nur mit der Nase, wie man vielleicht zunächst vermutet - überprüft er den Röstgrad des braunen Goldes. Sind die Bohnen fast fertig, fangen sie an zu knacken. Für den Laien ist das anfangs wegen des Dröhnens der Rösttrommeln schwer zu hören. Betrachtet er die Proben in den letzten Minuten, ist auf Folgendes zu achten: "Die Farbe. Und der Schlitz an der Bohne muss sich öffnen. Sie wird runder."

Das sei auch das Knacken, das man höre: Die Bohnen quillen auf und platzen. Während des Röstprozesses verlieren sie 18 Prozent an Gewicht, vergrößern sich jedoch um 50 bis 100 Prozent. "Maximal noch 45 Sekunden", urteilt Michels nach einer erneuten Probe. Jetzt wird das Knacken deutlicher. In der Trommel herrscht jetzt eine Temperatur von 220 Grad. Kurze Zeit später betätigt der 50-Jährige einen Hebel, und die nächste Ladung fällt aus der Trommel heraus. Unmittelbar danach wird nachgefüllt.

Pro Tag können die zwei Maschinen etwa eine Tonne Kaffee rösten. Die Temperatur richtet sich nach der Füllmenge der Trommel und der Sorte. Der Röstvorgang dauert je nach Sorte und Kaffeeart 15 bis 20 Minuten: "Ein Filterkaffee aus Arabica-Bohnen braucht zum Beispiel 15 bis 17 Minuten, ein Espresso aus der gleichen Bohne 17 bis 20 Minuten", erklärt Michels mit lauter Stimme, damit die Maschine ihn nicht übertönt. Die Espressobohne röste man jedoch lediglich länger, nicht bei größerer Hitze. Auf einem Regal gegenüber der Maschinen stehen Dutzende kleiner Gläser mit Bohnenproben: "Die sind für meine Mitarbeiter, die noch nicht alles im Gefühl haben." So wissen sie, wie das Ergebnis aussehen soll.

Nachdem sich der grüne Rohkaffee in pralle, dunkelbraune, appetitliche Bohnen verwandelt hat, muss er ruhen. Dazu kommt er zurück ins Lager in große Holzkisten. Denn das Aroma entfaltet sich erst mit der Zeit "Wenn er frisch ist, sticht er noch in der Nase. Je länger er ruht, desto weicher und ausgeglichener wird er", erklärt der Kaffeeexperte. Am besten sei der Espresso zwischen dem 15. Tag nach der Röstung bis zur 15. Woche. Michels öffnet eine Kiste und rührt mit der Hand durch das braune Gold. Ein intensiver Kaffeegeruch steigt auf. "Ein guter Kaffee ist eben wie ein guter Wein." Während der Ruhezeit gasen die Bohnen aus. Verpackt und verkauft werden sie frühestens acht bis zehn Tage nach der Röstung.

Erst danach geht es für die Bohnen zur Packstation. Zwei Frauen löffeln Bohnen und gemahlenes Pulver auf einer Waage in Tüten in unterschiedlichen Größen und Farben. "Hier wird alles noch von Hand gemacht", erklärt Michels. "Und jedes Päckchen ist anders", erklärt eine Mitarbeiterin, die die Tüten abfüllt. Kaffee ist Pauli Michels große Liebe. Das wird jedem schnell klar. Er selbst trinkt morgens zwei doppelte Espressi: "Ein Röster, der keinen Kaffee trinkt, ist wie ein vegetarischer Metzger."

Gelernt hat Michels ursprünglich den Beruf des Kfz-Elektrotechnikers. Das hat den Vorteil, dass er seine Maschinen auch selbst warten und reparieren kann. Angefangen hat er 1985 mit seinem Café Collage in Weiskirchen. "Damals habe ich selbst noch keinen Kaffee geröstet." Das Café habe er wegen seiner Vorliebe für Kuchen eröffnet: "Ich backe auch sehr gerne." Seit rund 20 Jahren bietet er seinen eigenen Kaffee an. "Als ich angefangen habe, gab es nur 45 gemeldete Rösterein in Deutschland, heute sind es über 1000."

Pauli Michels bietet momentan 30 bis 40 Sorten unter eigenem Label an, darunter auch neun entkoffeinierte und mehrere Biokaffees. "Laut Aussage meines Rohkaffee-Händlers habe ich das größte Angebot an Biokaffee-Sorten in Deutschland." Einige dieser Sorten hat er auch elbst zusammengestellt. Früher dauerte es ein halbes Jahr, bis er eine neue Sorte aus verschiedenen Bohnen gemischt hatte. Heute geht das schneller: "Man hat schon im Kopf eine geschmackliche Vorstellung."

Michels Kaffee-Spezialitäten kann man auch außerhalb der saarländischen Grenzen kaufen. Auch Geschäfte in Köln, Stuttgart und Frankfurt vertreiben seine Ware. Auf seiner Internetseite gibt es eine Liste mit allen Verkaufsstellen. Bei neuen Sorten und Eigenmischungen muss natürlich auch immer wieder probiert werden. "Wir machen das immer alle zusammen, mit allen Mitarbeitern bis zur Sekretärin", sagt der Kaffeeexperte.

Er stellt zwei Tassen Kaffee auf den Tisch. "Sie dürfen ruhig schlürfen", ermunter Michels. Im Moment testet er einen neuen Kaffee aus Ruanda: "Kräftig und gehaltvoll, der Nachklang fehlt. Der Geschmack bricht unvermittelt ab", seine Einschätzung. Zum Vergleich hat er einen Ähtiopier ausgesucht, den er schon kennt und schätzt: "eher würzig und erdig, blumiger, weicher. Er läuft ganz sanft nach hinten aus." Beim Probieren eines Kaffees achtet man auf den Säuregehalt, den Charakter und wie sich das Aroma ausbreitet. Sorten aus Brasilien oder Mexiko seien eher mild. Wer einen starken Frühstückskaffee möchte, der sei mit einem afrikanischen oder indonesischen Kaffee gut beraten.

Einige seiner Eigenkreationen hat er nach Familienmitgliedern benannt: "Eine Sorte heißt Alice, wie meine Nichte. Im Moment kreiere ich eine Mischung für meine Söhne." Die könnten die Rösterei irgendwann übernehmen: "Wenn meine Söhne später dafür Interesse zeigen, danke ich gerne ab." Michels ist aber sehr wohl bewusst, dass man sich auf den Nachwuchs heute nicht mehr verlassen kann. Er könne sich auch vorstellen, sein Geschäft an Mitarbeiter weiterzugeben. Das hat aber noch Zeit. An diesem Samstag feiert er erstmal seinen 50. Geburtstag: "Ich habe nicht vor in den nächsten zehn Jahren aufzuhören. Viele Kollegen arbeiten auch noch mit 70 oder 80."

pmkaffee.de

Andere Länder, andere Sitten: Das betrifft auch die Zubereitung des morgendlichen Wachmachers. Der deutsche Kaffeeverband gibt Infos darüber, wie Kaffee in anderen Ländern getrunken wird. Dass der Italiener Espresso, der Franzose Milchkaffee trinkt, ist nichts Neues. Aber wie sieht es in anderen Teilen der Erde aus? Laut Kaffeeverband mögen vor allem junge Japanerinnen ihren Kaffee mit Soja-Milch. Die Nährstoffe in den Sojabohnen sollen jung halten. US-Amerikaner bevorzugen Mixgetränke in Geschmacksrichtungen wie Schokolade, Vanille oder Nuss.

In Griechenland wird der Kaffee mit Zucker gebrüht. Wird er traditionell gemahlen, enthällt er auch Kichererbsen. Das sorgt für eine erdige Geschmacksnote. Die türkischen Kaffeetrinker kochen den Kaffee mit dem Wasser zusammen und servieren ihm mit Satz - seiner Seele. Laut Kaffeeverband ist die "türkische Art" die älteste, bekannte Methode der Kaffeezubereitung. Vor allem in südlichen Ländern wird Café frappé oder Eiskaffee getrunken. In Spanien ist der "Café con hielo" (Kaffee mit Eis) besonder beliebt: Dabei kippt man den heißen Kaffee in ein Glas, das mit Eiswürfeln gefüllt ist.

Die Äthiopier - ein klassisches Kaffeeland - würzen ihr schwarzes Heißgetränk mit Kardamom, in Schweden gehört es zur Tradition den Kaffee über offenem Feuer zu kochen. Thailänder verzichten auf Milch, geben dafür aber viel Zucker und nach Geschmack Gewürze dazu. Frei übersetzt, lautet ein thailändisches Sprichwort: Kaffee sollte schwarz wie der Teufel, heiß wie die Hölle, pur wie ein Engel und süss wie die Liebe sein. nkl

kaffeeverband.de

Foto: rup

"Ein Röster, der keinen Kaffee trinkt, ist wie ein vegetarischer Metzger."

Pauli Michels

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