Gedicht Wie eine Ameise

Tholey · Abdallatif Ghafir vom Saarpfalz-Gymnasium in Homburg erreicht Platz zwei Altersgruppe 8./9./10. Klasse.

Wortsegel-Wettbewerb
Foto: dpa/Silas Stein

Das „Wortsegel“-Thema „Heimatverlust und Exil“ weckt in mir schlimme Erinnerungen. Ich bin ein syrischer Flüchtling, habe meine frühere Heimat verloren und lebe jetzt in Deutschland. In Syrien wütet seit zehn Jahren ein grauenvoller Krieg. Um mein Leben zu retten, habe ich 2015 meine Heimat verlassen – zusammen mit meiner Familie.

Unsere Flucht war gefährlich. Ich habe mich dabei oft gefühlt wie eine Ameise – ganz klein und armselig, aber man darf nie aufgeben. Im Krieg hat man immer Angst. Alles ist unsicher. Fragen über Fragen. Wache ich morgen wieder auf? Gibt es noch etwas zu essen? Steht morgen unser Haus noch? Werden wir wieder beschossen? Muss ich ohne Hände und Füße im Elend weiterleben? Wer wird als Nächster sterben?

O weh, ich habe erlebt, wie Flugzeuge Bomben abwarfen auf unser Haus und unsere Firma! Verwandte und Freunde starben. Auch unser Auto wurde zerstört. Dann sind wir geflüchtet. Endlich wieder Hoffnung! Unsere Flucht war unglaublich. Ich hatte immer Angst. Mit viel Glück habe ich überlebt. Wir mussten uns oft verstecken, litten unter Hunger und Durst. Wir segelten übers Meer, meine jüngere Schwester wäre dabei fast ertrunken. Danach die Fahrt nach Ungarn in einem schäbigen Lastwagen, eingepfercht wie Tiere. Dort sind wir lange Zeit durch Wälder gelaufen.

Ich hatte immer Angst,

im Freien zu schlafen. Es gab dort Schlangen. Vieles war mir unheimlich in diesem fremden Land. Was ich auf meiner Flucht durch mehrere Länder mitgemacht habe, hat in Deutschland kein Gleichaltriger erlebt!

Inzwischen geht es mir besser, mein Ameisendasein ist vorbei. Ich wohne in Homburg-Erbach, bin 18 Jahre alt, kann recht gut Deutsch,

besuche das Saarpfalz-Gymnasium, möchte Abitur machen und dann studieren.

Vielleicht kann ich später, wenn ich weiterhin fleißig bin und Erfolg habe, viel Geld verdienen. Damit möchte ich mir gern die Welt anschauen. Auch Syrien – meine alte Heimat, die im Elend verkommt. Vielleicht kann ich dort beim Wiederaufbau helfen …

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