Nach 17 Jahren „Ich habe hier so viel erlebt“ – Pächter im Landgasthof Johann-Adams-Mühle Theley hört auf

Tholey · Mehr als 17 Jahre hat Günther Haas den Landgasthof Johann-Adams-Mühle in Theley geführt. Zum 16. Oktober endet seine Pacht. Für den 69-Jährigen ist es auch ein Abschied von der Gastronomie.

Claudia Schorr, Günther Haas und Yvonne Klotak (von links) umsorgen derzeit noch die Gäste im Landgasthof Johann-Adams-Mühle.

Claudia Schorr, Günther Haas und Yvonne Klotak (von links) umsorgen derzeit noch die Gäste im Landgasthof Johann-Adams-Mühle.

Foto: Evelyn Schneider

Er brauchte einen Job und ein Dach über dem Kopf. Und die Johann-Adams-Mühle in Theley hatte beides zu bieten. Was im ersten Moment nach einer pragmatischen Lösung, einer reinen Vernunftsgeschichte klingt, wurde schnell zu einem Herzensprojekt. Seit mehr als 17 Jahren ist der Mühlen-Landgasthof Günther Haas‘ Leben. Mit all den Erinnerungen, die sich in dieser Zeit angesammelt haben, könnte er wohl ganze Bücher füllen. Ein Kapitel würde die Überschrift „Abschied“ tragen. Denn zum 16. Oktober endet das Engagement des Pächters. Mit 69 Jahren sei es an der Zeit, aufzuhören. „Dennoch: Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen“, gesteht er.

Haas weiß noch genau, wie er das erste Mal zum Landgasthof kam. Er warf einen Blick auf den Innenhof und das Mühlenrad, das an diesem Tag lief – und schon war es um ihn geschehen. Er pachtete das Restaurant. Das war 2005.

Landgasthof Johann-Adams-Mühle: Scharfer Heinz auf der Karte

Als Neuerung führte er ein Frühstücks-Angebot ein. Was sofort gut angekommen sei. Das wird auch an diesem Morgen deutlich. Fast alle Tische sind besetzt. Von draußen scheint die Sonne durch die Fenster. Die Einrichtung ist in hellem Holz gehalten. An der Decke hängen unzählige, bunt bemalte Vogelhäuschen. „Der Akustik wegen“, erklärt Haas und lächelt. Wie viele es inzwischen sind, kann er gar nicht genau sagen. Aber sie machen den besonderen Charme des Raumes aus. Ebenso wie die vielen Bilder, welche die Wände  zieren. Und einige davon erzählen eigene Geschichten. Haas deutet zunächst auf ein Foto nahe des Tresens und danach auf die Speisekarte. Darauf finden die Gäste ein Gericht mit Chilli-Lyoner, das sich „der scharfe Heinz“ nennt. „Und das ist der Heinz“, sagt der Gastronom und lächelt Richtung Foto. Es erinnert an den inzwischen Verstorbenen.

Sich besondere Namen für Speisen auszudenken, hat eine gewisse Tradition in dem Gasthof. „Früher haben wir Spitzbuben mit Specksoße angeboten“, blickt Haas zurück. Und jeder der Spitzbuben – das sind Kartoffelknödel in länglicher Form – habe einen Namen bekommen. Gerne werden von den Gästen Wildgerichte und Rouladen bestellt. „Für unsere Schweinebäckchen kommen die Leute extra hierher gefahren“, weiß Haas. Wanderer und Radfahrer steuern das Gasthaus an. „Wir haben aber auch sehr viele Stammgäste.“ Hauptsächlich Frauen. Und diese schätzt Haas ganz besonders. „Auf meine Witfrauen lasse ich nichts kommen“, sagt er.

 Blick auf den Landgasthof Johann-Adams-Mühle

Blick auf den Landgasthof Johann-Adams-Mühle

Foto: Evelyn Schneider

Personal zu finden, war ein Problem

Das Zusammenspiel aus der Mühle mit Museum, den wechselnden Ausstellungen im ehemaligen Kleintierstall und dem Gasthof funktioniere sehr gut. Die Herausforderung bestehe laut Haas darin, immer gerichtet zu sein. Denn es könnten spontan Wandergruppen einkehren. „Die Küche ist eigentlich zu klein, aber das hat uns nie davon abgehalten, 300 Essen zu kochen“, blickt Haas zurück und muss schmunzeln.

14 Jahre lang war der Landgasthof jeden Tag geöffnet und für Haas an Urlaub kaum zu denken. „Aber das war kein Problem, denn es hat mir ja Spaß gemacht.“ 2019 kam der Ruhetag, zuletzt die reduzierten Öffnungszeiten. Das Problem ist das Personal. Es sei sehr schwer geworden, jemanden zu finden – schon seit einigen Jahren. Corona habe das nochmals befeuert.

Eine, auf die Haas sich immer verlassen konnte, ist Claudia Schorr. Sie gehört seit 17 Jahren zum Mühlen-Team. Auch an diesem Vormittag umsorgt sie die Gäste im Service. Zusammen mit dem Chef. Jeder Handgriff ist vertraut. Und doch spürt Haas, dass er aktuell jeden Tag in seinem Mühlen-Gasthof bewusster erlebt. „Ich laufe durch das ganze Haus, schaue mir an, was bleibt und was ich mitnehme.“ Da stecke ganz viel Wehmut drin.

Keine Frage, der Abschied fällt ihm schwer. Und zwar nicht nur der von der Gastronomie, sondern auch der von seinem Zuhause. Er hat in der Werkswohnung über dem Restaurant gewohnt. Jetzt müsse er auch Theley verlassen, was ihn besonders schmerze. Es geht für ihn nach Steinberg-Deckenhardt. Dort hat er ein Haus gefunden, das er gerade am Einrichten ist.

Nachfolge gesichert

Bis zum 16. Oktober möchte er noch jeden Tag genießen und freut sich darauf, mit vielen Stammgästen – einige kommen seit 17 Jahren – plauschen zu können. „Und ich warte auf die Leute mit Gutscheinen“, sagt er. Neulich erst löste er einen aus dem Jahr 2005 ein. Was für Haas den wachsenden Abschiedsschmerz etwas lindert, ist die Gewissheit, dass es mit dem Landgasthof weitergeht. Es ist ein Pächter gefunden, der übernimmt. „Und alles wird bleiben, wie es ist“, sagt Haas und lächelt. Zum Beispiel die Bilder und die Vogelhäuschen.

Verschwinden werden hingegen die Figuren im Innenhof, die den Moai-Statuen der Osterinseln nachempfunden sind. Sie ziehen mit Haas nach Steinberg-Deckenhardt um. Von dort ist es ja nicht weit nach Theley. Als Gast wird der 69-Jährige auf jeden Fall in die Mühle zurückkehren und auch dann, wenn er gebraucht werde. Seiner Nachfolge habe er bereits seine Hilfe angeboten.

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